Ziegers Zeilen (KW 50)
Ordnung ins Thema bringen: die Automobilwirtschaft schwächelt, die Elektromobilität sowieso?
Die Automobilwirtschaft schwächelt. Die Elektromobilität sowieso. Warum mehr Ordnung in das System gehört. Und vielleicht auch so etwas wie ein Konzept. Davon handeln die Zeilen für den dritten Advent. Auch wenn sie so ganz und gar nichts mit dem Advent zu tun haben.
Der Kanzler war jetzt in Köln. Und er hat eine neue Forderung. Eine europaweite Förderung für Elektroautos. Eine nationale Förderung sieht er nicht. Das berichtet der Tagesspiegel aus Berlin. Im schwächelnden Geschäft mit Elektroautos aus Deutschland setzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Impulse von der EU. Man brauche eine funktionierende europaweite Verkaufsförderung (...) Das wäre der beste Weg - „weil er dann auch begleitet wird zum Beispiel von einem Ausbau der Ladeinfrastruktur überall in Europa“. Der Verweis auf Brüssel ist einfach, aber ziemlich falsch. Brüssel macht Vorgaben für die Infrastruktur. Die müssen dann die Mitgliedsstaaten umsetzen und dabei ihr eigenes Geld verwenden. Brüssel wäre sicherlich dankbar für eine solche Vorlage. Wer auch immer nach den Neuwahlen Bundeskanzler ist sicherlich nicht.
Den einfacheren Vorschlag hat jetzt der Bundeswirtschaftsminister gemacht. Einen Tankrabatt. Hatten wir schon mal. Jetzt soll es ihn beim Stromtanken geben. Quasi als Vorschuss. 1.000 Euro Ladeguthaben. Aber nur für Käufer. Besitzer von Stromern gehen leer aus. Es sei denn, sie verkaufen ihren Stromer in der Familie, denn der Rabatt gilt auch für Gebrauchtwagenkäufer. Da war der Tankrabatt demokratischer. Er galt für jeden der es bis an die Zapfsäule schaffte. Habeck sieht die Schwächen seines Vorschlags und fordert von VW auch den Stromer unter 20.000 Euro. VW wird liefern, aber nicht vor 2027. Das haben sie schon angekündigt. Schon lange vorher. Die einzige Möglichkeit, schneller zu einem Stromer unter 20.000 zu kommen, sind Preissenkungen. Oder massive Fördermittel. Die wiederum hat Olaf Scholz gerade ausgeschlossen. Oder Importe aus China. Und auch hier geht es in die andere Richtung. Mit Strafzöllen. Die will aber keiner abschaffen.
Außer den Chinesen selber. Zum Beispiel BYD, einer der großen Player auf dem chinesischen Automarkt. Die haben sich auch zu Wort gemeldet. Im Focus. Mit Stella Li, Vizepräsidentin von BYD. Im Vergleich zu Deutschland ist China weiter: Klare politische Unterstützung und gesellschaftliche Akzeptanz treiben den Markt voran. So einfach ist das. Ob China jetzt als Beispiel funktioniert? Für Europa? Das wäre mal ein gutes Thema für unsere Zeilen. Ist aber für heute zu kompliziert. Dazu müsste man sich umfassender mit den chinesischen Automarkt beschäftigen und auch mit denen, die das Glück haben, ein Auto zu haben.
Schauen wir also weiter. Einfach ist das mit der Elektromobilität gerade gar nicht. Irgendwo braucht es bitte einen Lichtschein. Vielleicht aus der … ? Oder aus …? Aber vielleicht aus Norwegen. Die sind zwar nicht in der EU. Aber die taugen vielleicht als Vorbild. Schau´n wir also mal.
Norwegen. Das Land, das direkt neben dem der zweitglücklichsten Menschen gelegen ist. Dänemark nämlich. Und mit den glücklichsten auf einem Längengrad, den Finnen nämlich. Die Norweger. Die sind nämlich mit dem Verbrennerverbot durch. Und die haben alles richtig gemacht. Sogar die „Welt“ schwärmt. Jedenfalls einer der Kommentatoren. Alan Posener. Und er zeigt, was die Norweger alles können. Vom Verzicht auf Einnahmen bis hin zum Aufbau einer Netzinfrastruktur. Alles grün und alles glücklich. So macht man es. Ich finde es auch gut, und wahrscheinlich neben mir noch viele weitere. Was vergessen wird, ist der Vergleich der Finanzmittel. Norwegen besitzt einen der größten Staatsfonds der Welt. Der Pensionsfonds wird aus den Einnahmen der staatlichen Öl- und Gasunternehmen gespeist und soll die Ausgaben für künftige Generationen im norwegischen Sozialstaat finanzieren. Er darf nur im Ausland investieren und ist derzeit an fast 9000 Unternehmen beteiligt. Er hat im ersten Halbjahr 2024 ein Plus von 1,475 Billionen Kronen (125 Milliarden Euro) verbucht. Das entspricht einer Rendite von 8,6 Prozent. Das Fondsvolumen stieg auf 17,7 Billionen Kronen. Noch nicht darin eingerechnet sind die Einnahmen aus den Öl- und Gasexporten. Die Ölexporte decken etwa 2 Prozent des weltweiten Bedarfs. Die norwegische Erdgasproduktion deckt etwa 3 Prozent des weltweiten Bedarfs. Norwegen hat eine Bevölkerung von ca. 5,5 Millionen Einwohnern. Die Norweger stehen nur auf Platz sieben im Index der glücklichsten Nationen. Eigentlich müsste es für Platz eins reichen. Aber vielleicht sind sie dafür doch zu bescheiden. Um Alan Posener zu zitieren: „Es ist einfach ein Land, dessen Bürger schon vor 30 Jahren beschlossen, das Vernünftige zu tun, – und es dann getan haben.“ Aber deswegen sind sie kein Vorbild für die Deutschen, Polen oder Holländer oder gar für die Belgier (Fügen Sie in diese Aufstellung Ihre Lieblingsnation ein, die Aufführung würde sonst die Anzahl der Zeilen sprengen). Die Norweger haben einen Schatz und haben gelernt vernünftig damit umzugehen. Wenn schon, dann müsste man das norwegische Beispiel anderen rohstoffreichen Völkern oder ihren Regierungen vorhalten.
Dreieinhalb Geschichten. Und keine die uns weiterbringt. Aber typisch. Bis zu den Neuwahlen wird uns ohnehin keine wirklich weiterbringen. Wir könnten es uns einfach machen und auf die synthetischen Kraftstoffe verweisen. Oder Technologieoffenheit. Das wird in Brüssel auf den Weg gebracht. Hoffentlich. Darüber haben wir in der letzten Woche geschrieben.
Wichtig ist es, Ordnung in das Thema zu bringen. Und in die vielen Geschichten rund um die Elektromobilität. Die ist nämlich nicht drin. Aber dringend erforderlich.
In diesem Sinne einen schönen Restsonntag und eine gute Woche
Stephan Zieger