Ziegers Zeilen (KW 43)
Einen Déjà-vu-Moment konnte erleben, wer am vergangenen Dienstag die FAZ gelesen hat. Ein ähnlicher Beitrag fand sich auch im Online-Magazin electrive.net. Wir beziehen uns, auch wegen der Zitate aus der Politik, auf den Beitrag in der FAZ. In diesem Artikel, der leider nur in der gedruckten Ausgabe zur Verfügung steht, fand sich unter dem Titel „90 % weniger CO2-Ausstoß“ ein Bericht, in dem es um die Verschärfung der CO2-Grenzwerte für Lastwagen und Busse ging. Sinken soll der CO2-Ausstoß bis 2030 um 45 %, bis 2035 um 70 % und bis 2040 im Vergleich zu 2019 um 90 %. Beschlossen haben diese Verschärfung die Verkehrsminister. Die Vorlage ist Teil des „Fit-for-55“-Pakets der Kommission und auch der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat zugestimmt. Für 2030 hat er sogar noch einmal 5 % draufgelegt. Die Verkehrsminister hatten sich für 40 % ausgesprochen.
Die Gefechtslage erinnert an den Beschluss vom März diesen Jahres in Sachen „Verbrennerverbot“. Dort hatten sich Linke, Grüne und Sozialdemokraten sowie große Teile der liberalen Europafraktion dafür ausgesprochen. Das genaue Abstimmungsverhalten wurde vom Ausschuss noch nicht mitgeteilt. 48 Abgeordnete stimmten dafür. 36 dagegen, einer enthielt sich. Aus der FAZ entnehmen wir, dass der Ausschuss erneut kein grünes Licht für E-Fuels gegeben hat. Jens Gieseke, CDU-Abgeordneter und Mitglied der EVP-Fraktion, kritisierte diesen Beschluss als Zumutung.
Dem würden wir uneingeschränkt folgen. Technologieoffenheit ist etwas anderes als „eine künstliche Beschränkung“ auf Strom und Wasserstoff.
Weiter geht es mit einem Beschluss des Plenums im November. Ob man hier auf ein Wunder hoffen kann, würden wir jetzt nicht glauben. Zu deutlich ist die Ausschussmehrheit. Beschließt das Parlament die geforderte Verschärfung, muss noch das Trilog-Verfahren erfolgen. Kommission und Parlament werden hier aber keine Schwierigkeiten haben, sich entsprechend zu einigen.
Dieser Beschluss ist ein erneuter Rückschlag für E-Fuels. Eine weitere Chance für das Klima wurde vertan. Schauen wir mal, wie das Thema weitergeht. Eine ernsthafte Chance scheint mit der aktuellen Kommission und mit dem aktuellen Parlament nicht mehr zu bestehen. Hinzu kommt, dass das Parlament im nächsten Frühjahr seine letzten Sitzungen hat. Dann kommt nach den Europawahlen im Spätsommer das neue Parlament zusammen. Die neue Kommission kommt voraussichtlich erst im Spätherbst. Was bis dahin nicht erledigt ist, verfällt und muss dann erneut in das Verfahren eingebracht werden.
Das heißt für die E-Fuels, dass man auf die angekündigte Überprüfung durch die Kommission warten muss. Bis dahin bleibt noch viel zu tun. Für das Klima ist das keine gute Botschaft.
Eigentlich könnte man hier aufhören. Aber wie immer, gibt es doch einen, der da noch eins drauf setzt. Auch die Bundesregierung setzt auf Elektro-Lkw. Die Industrie entwickelt daraufhin entsprechende Fahrzeuge. Soweit so gut. Jetzt möchten wir uns nicht auf den Teil eines Berichts im Focus beziehen, der das Thema Kosten für den Lkw behandelt. Stromer sind nach diesem Bericht dreimal so teuer. Auch sonst ist das Transportgewerbe ordentlich gebeutelt. Aber darüber reden wir nicht. Vielleicht hilft ja Vater Staat bei der Transformation.
Reden müssen wir über den anderen Teil des Berichts im Focus. Zitat: „Der Lkw-Bauer MAN und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) gehen davon aus, dass bis 2030 in Deutschland mindestens 4.000 Megacharger installiert werden müssen – also Lkw-Ladestationen mit mindestens einem Megawatt Ladeleistung. In ganz Europa müssten 50.000 Ladepunkte mit Megawatt-Leistung entstehen. Bislang gibt es laut Auskunft des Speditionsverbands in Deutschland aber keinen einzigen öffentlich zugänglichen Megacharger.“
Und auch das steht im Focus. Anspruch und Wirklichkeit fallen hier ganz weit auseinander. Und jetzt fragen Sie mal die Verantwortlichen, warum man eine vernünftige Alternative auch hier nicht zulassen will: HVO und E-Fuels.
Ihr
Stephan Zieger