Ziegers Zeilen (KW 4)
Kennen Sie eigentlich den Europäischen Rechnungshof? Ganz viele wahrscheinlich nicht, obwohl er eigentlich bekannt sein müsste. Der deutsche Bundesrechnungshof ist da schon bekannter. Warum die Frage?
Der europäische Rechnungshof hat in diesen Tagen festgestellt, dass der CO2-Ausstoß in Europa zu hoch ist. Den Bericht haben wir unter anderem in einem Artikel der Heilbronner Stimme gelesen. Autos in der EU stoßen laut Rechnungshof zu viel CO2 aus. Bei Dieseln ist der Ausstoß so hoch wie vor zwölf Jahren, Benziner sind kaum besser mit minus 4,6 Prozent. Die Bemühungen, den Verbrenner klimafreundlich zu machen, seien erfolglos, kritisiert der Europäische Rechnungshof. Der Rechnungshof weiter: Rückgänge beim CO2 im Verkehrssektor entstünden ausschließlich aufgrund von Stromern. Und weiter, der Aufbau der Ladeinfrastruktur gehe viel zu langsam.
Und dann zitieren alle Medien den Rechnungshof wörtlich: „Wir halten das für den einzigen effektiven Weg, einen emissionsfreien Verkehrssektor zu erreichen.“
Der Rechnungshof. Darf der das denn? Sicher sind wir uns da nicht.
Also fangen wir ganz vorne an. Was macht denn so ein Rechnungshof? Auf der Seite des Bundesrechnungshofes steht dazu folgendes: „Wir prüfen die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Mit anderen Worten: Wir schauen genau hin, was mit den Steuergeldern passiert, machen Probleme transparent und sprechen Empfehlungen aus. Dadurch tragen wir dazu bei, dass sich die Arbeit von Regierung und Verwaltung verbessert.“ Jetzt schauen wir beim Europäischen Gerichtshof vorbei. Auch er hat auf seiner Internetseite seine Aufgaben veröffentlicht. Er sagt wörtlich: „Wir erstellen einen Jahresbericht über die Einnahmen und Ausgaben der EU. Wir unterziehen die Rechnungsführung der EU einer ausführlichen Prüfung. Wenn wir bei der Rechnungsprüfung auf Unregelmäßigkeiten stoßen, melden wir diese und leiten sie zur weiteren Untersuchung weiter.“
Jetzt lesen Sie sich die den Artikel noch einmal durch …
Aber denken wir uns, er hätte das gedurft. Was hätten Sie denn geantwortet, wenn Sie das Ergebnis so aufgenommen und es entweder Ihrem Auftraggeber hätten präsentieren müssen oder es präsentiert bekommen hätten? Ja lieber Rechnungshof, danke für die Prüfung und Bewertung? Ihren Wirtschaftsprüfer im Unternehmen hätten Sie sicher nach Hause geschickt. Bei halbwegs gründlicher Suche hätte auch der Rechnungshof auf die E-Fuels stoßen können. So unbekannt können sie in Europa ja nicht sein. Schließlich verwenden Kommission, Parlament und Rat im Moment viel Energie auf die Abwehr der E-Fuels.
Wollten sie aber wohl auch nicht. Ein Prüferherz war offensichtlich ganz traurig, dass manche echte Inhalte gar nicht interessiert hat. Die Prüfer waren nämlich darauf gestoßen, dass die CO2-Werte gar nicht abgerufen wurden. Die „Stimme“ berichtet wörtlich: „Zwei von drei Ländern haben Herstellerangaben beim CO2 nicht geprüft. Von den drei untersuchten Ländern lieferten nur die deutschen Behörden Nachweise, dass sie diese Prüfungen durchgeführt hätten – Frankreich und die Niederlande nicht. Die EU-Kommission forderte fehlende Daten teils nicht ein oder es dauerte Jahre bis falsche Werte korrigiert wurden. Laut Rechnungshof gebe es ‚keine hinreichende Gewähr für die Richtigkeit‘ der Herstellerangaben zum CO2-Ausstoß.“
Was ist dazu zu sagen? Ganz einfach: In Brüssel interessiert das offensichtlich keinen. Die Richtung ist all-electric. Hier hätten Nachfragen gestört. Nachfragen hätte bedeutet, dass man sich ernsthaft mit dem Thema Bestandsflotte beschäftigen muss. Die Bestandsflotte kriegt man nicht elektrisch. Aber CO2-neutral. Mit E-Fuels beispielsweise …
In Wien findet – die Wiener sagen, und das klingt viel schöner – heuer, die „eKKon24“ statt. Die Konferenz „Klimaschutz durch klimaneutrale Kraftstoffe“. Eine ganz wichtige Konferenz für den deutschen Sprachraum. Hier stehen E-Fuels und HVO im Mittelpunkt. Wir holen uns viele Anregungen. Denn vor uns stehen noch anstrengende Zeiten. Flüssig kann es besser. Man muss es nur wollen.
In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!
Stephan Zieger