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Ziegers Zeilen (KW 34)

Heute wollen wir uns mal wieder mit ein paar Zahlen beschäftigen, weil wir so gerne mit Zahlen spielen. In dieser Woche erschienen ein paar Jubelmeldungen zum Thema Elektromobilität und eine sorgenvolle zum selben Thema. Und eine, die vielleicht etwas erklärt.

In der PS-Welt, eine Rubrik der Online-Welt stand, dass die Anzahl der weltweit zugelassenen E-Autos in den vergangenen zehn Jahren an Fahrt aufgenommen hat. „Gab es 2012 rund 205.000 E-Fahrzeuge, waren es zehn Jahre später 27,7 Millionen. China ist mit 14,6 Millionen Einheiten das Land mit den meisten E-Fahrzeugen. Dahinter liegen die USA mit 3,4 Millionen und Deutschland mit 1,8 Millionen.“ Na das ist ja schon etwas. Gemeint sind elektrische und plug-in-hybride Fahrzeuge gleichermaßen. Aber ehrlich, wenn wir noch einmal überlegen: 27,7 Millionen weltweit. Das ist in etwa die Zahl an Pkw, die in Spanien 2021 zugelassen waren. Damit die Zahl auch wirklich stimmt, nehmen wir noch Norwegen dazu. Alternativ könnte man auch Polen und die Slowakei nehmen. Dann haben wir eine vergleichbare Größenordnung. 27,7 Millionen insgesamt. Für Rechenkünstler: Zwei europäische Länder wären nach diesen Zahlen dann vollständig elektrifiziert. 45 weitere komplett nicht. Aber das ist nur eine Zahlenspielerei. Es zeigt an, in welchen Dimensionen sich der Mobilitätswechsel zur Zeit bewegt.

Jetzt sorgt sich der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) um eine ausreichende Förderung der Elektromobilität. Die Bundesrepublik Deutschland hat für 2023 insgesamt 2.500.000.000 Euro als Fördermittel bereitgestellt. Jetzt, im August 2023 weiß man nicht, wieviel noch im Topf ist. Das ist schlimm, denn die Kunden, so der ZDK, nehmen vom Kauf Abstand, wenn sie nicht wissen, dass genügend Fördermittel im Topf sind. Das klingt schon fast wie der Hinweis, einiger Forscher aus Karlsruhe, dass die E-Mobilität daran scheitert, dass zu viel über E-Fuels gesprochen wird. 2024 wird es noch schlimmer kommen. Dann stehen nämlich nur noch 810.000.000 Euro für die Förderung zur Verfügung. Das reicht für gerade 270.000 Autos. Mehr nicht. Randbemerkung, weil ich die Statistik noch offen habe. In Malta sind 313.000 Autos zugelassen. Mit den 810.000.000 Euro könnte man ja dort helfen, die (fast) komplette Fahrzeugflotte zu erneuern. Bis auf 210 Fahrzeuge der öffentlichen Verwaltung in Malta. Die sind mit EU-Fördermitteln in Höhe von 10.000.000 Euro zu Beginn dieses Jahres auf den Weg gebracht worden. Aber diese Bemerkung nehmen Sie bitte nicht ernst.

Grund für die Kürzung ist die Reduzierung der Förderung für Neufahrzeuge. Ab 1.1.2024 werden nur noch Neufahrzeuge bis 45.000 Euro Nettolistenpreis gefördert, und zwar mit 4.500 Euro pro Fahrzeug. Auch die Fördersätze für das Leasing von neuen und gebrauchten E-Fahrzeugen sowie für den Kauf gebrauchter Stromer sinken. Das ist ein vernünftiger Ansatz. Dann wären auch die deutschen Hersteller gezwungen, kleinere Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Elektromobilität führt nicht nur zur Änderung der Fahrzeugflotte. Vielmehr, und das ist dem „Spiegel“ aufgefallen, kommen vermehrt SUVs auf den Markt. Vor einigen Jahren war das heftig verpönt. An die öffentlichen Diskussionen können Sie sich sicherlich erinnern.

Der Spiegel schreibt: Am 1. Juli 2023 waren bereits 35,2 Prozent der Elektrofahrzeuge entweder SUV oder Geländewagen, heißt es in einem Bericht des Center of Automotive Management (CAM) aus Bergisch Gladbach. Ein Jahr zuvor entfielen demnach noch 25,8 Prozent auf dieses Fahrzeugsegment.

In der Bestandsflotte ist das Verhältnis noch geringer Dort haben diese Fahrzeuge einen Anteil von knapp unter 18 Prozent, jedenfalls laut Spiegel. In einem ähnlich lautenden Bericht, moniert das Center of Automotive Management die aktuelle Förderpolitik. Allerdings anders offensichtlich als der ZDK. Für den angestrebten schnellen Hochlauf wären laut Stefan Bratzel, der für das CAM spricht, in diesem Jahr 750.000 neue BEVs erforderlich. Das geht meines Erachtens nicht mit dem bestehenden Angebot. Es braucht mehr kleine Stromer. So wie der VW-Käfer nach dem Krieg für einen Mobilitätsschub gesorgt hat, die TIN-Lizzy von Ford die Mobilität in Amerika nach dem ersten Weltkrieg angeschoben hat und der VW Golf für einen Modernisierungsschub in den siebziger und achtziger Jahren gesorgt hat. Und so wie die Abwrackprämie zur Überwältigung der Finanzkrise beigetragen hat. Denken Sie mal nach. Und wenn Ihnen bei den vielen Fördermilliarden schwindelig wird. Erinnern Sie, wenn Sie einen MdB oder MdL in Bayern oder Hessen im Wahlkampf treffen, einmal an die E-Fuels. Die könnten nämlich dazu beitragen, die CO2-Ziele zu erreichen. Wenn man sie lässt.

Und wenn Sie sich auch so gerne den Kopf über Statistiken zerbrechen. Es gibt eine Liste der Unstatistiken. Und es gibt die Unstatistik des Monats. Meine aktuelle Lieblingsstatistik hat etwas mit dem Thema Auto zu tun. Britische Forscher wollen hergefunden haben, dass die Wahl des Autos etwas mit der Intelligenz des Käufers zu tun hat. „Weiße und graue sowie benzingetriebene Pkw haben relativ schlaue Fahrer. Ist das Auto hingegen silbern oder grün oder ein Elektrofahrzeug, ist der Fahrer vergleichsweise dumm. Und wenn Sie sich ihr Kennzeichen personalisieren lassen, sind Sie ebenfalls eher dumm“. Ein gefundenes Fressen für die Statistiker der der Marktforschung. Stöbern Sie mal.

Ihr

Stephan Zieger

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