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Ziegers Zeilen (KW 32)

Der Energiekonzern RWE veröffentlicht in diesen Tagen seine Gewinne aus dem Jahr 2022: Auf Basis vorläufiger Zahlen beläuft sich der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) demnach auf 6,31 Milliarden Euro. Das Management war in seiner letzten Prognose von höchstens 5,5 Milliarden Euro ausgegangen. Und jetzt die 2023er Halbjahreszahlen: Das Management erwartet nun einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (ber. Ebitda) zwischen 7,1 und 7,7 Milliarden Euro, statt bislang 5,8 bis 6,4 Milliarden Euro. In den ersten sechs Monaten verdienten die Essener operativ über 4,5 Milliarden Euro.

Wenn es sich um einen Anbieter aus dem Mineralölmarkt gehandelt hätte, wäre das Echo lauter. Und ungehemmter. Alleine der Anstieg der Dieselpreise bringt ja den ADAC wieder auf. Obwohl: Die nächsten Preisveränderungen hat ja der Staat zu verantworten. CO2-Preis für Tanken und Heizen mit fossilen Energien steigt. So ähnlich titelten gestern viele Zeitungen.

Das Echo auf den oben erwähnten Energiekonzern blieb hingegen stiller. Der Spiegel hat darüber berichtet und der WDR. Letzterer kritisch. Aber im Vergleich mit der Situation in der Mineralölbranche schon sehr zahm. Im ZDF beschäftigte man sich wohltuend kritisch mit den Gewinnen. Der Beitrag ging da schon tiefer in die Thematik. Tenor: Der Staat hätte mehr abschöpfen können.

Aber auch das ist letztlich nur ein Aspekt unter vielen. Wichtiger als das ist ein anderer Aspekt. RWE ist ein Gigant auf diesem Markt und er bringt sich immer weiter in Position. RWE ist ein Monopolist. Ein echter Monopolist. Im Mineralölmarkt ist immer die Rede von einem Oligopol. Das mag man so sehen oder nicht. Im Mineralölmarkt gibt es auch die Mittelständler.

Der Strommarkt wird neu verteilt. Auf vielen Ebenen. Und wir machen uns immer abhängiger vom Strom. Industrie, Handel, Produktion, Verkehr – alles wird nach dem Willen des Staates künftig an der Stromnadel hängen. Ohne Strom geht gar nichts. Noch nicht einmal die Produktion von grünem Wasserstoff. Deswegen der laute Zwischenruf. Den Markt überwacht die Bundesnetzagentur und teilweise das Bundeskartellamt. Von der Netzagentur haben wir nichts gehört. Dem Kartellamt gereicht zur Ehre, dass sie sich geäußert haben. Und sie haben sich tatsächlich sehr kritisch geäußert.

Andreas Mundt sieht die Gefahr der Preismanipulation: Für die wettbewerbliche Bedeutung sei ausschlaggebend, ob und inwieweit ein Anbieter für die Stromnachfrage unverzichtbar sei, erläuterte die Behörde. Ist die Nachfrage hoch und das Angebot knapp – zum Beispiel wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht – könnten unverzichtbare Anbieter in diesen Momenten den Preis manipulieren. Daher bemesse sich die Marktmacht im Strombereich danach, in wie vielen Stunden im Jahr ein Unternehmen unverzichtbar sei, um die Nachfrage zu decken.

Chapeau! Mehr muss man dazu nicht sagen. Den Rest kann man sich ausmalen.

Und jetzt brechen wir das Thema auf den Bereich des Verkehrs mit wenigen Worten herunter. Wenn sich daran nichts ändert, sind die Aussichten für die E-Mobilität nicht besonders gut. Vorausgesetzt das klappt mit dem grünen Strom und der Ladeinfrastruktur. Zum Schluss noch einmal Andreas Mundt aus der oben bereits zitierten Quelle: „Stromimporte werden perspektivisch zunehmend unverzichtbar, um die Marktmacht der führenden inländischen Anbieter wettbewerblich in Schach zu halten.“ Ausländische Erzeugungskapazitäten seien vor allem dann wichtig, wenn die inländische Stromerzeugung aus Wind und Sonne gering sei, die Stromnachfrage aber gleichzeitig hoch. „Ohne ausreichende Stromimporte in solchen Momenten der Knappheit wäre die Marktmacht inländischer Stromerzeuger noch stärker ausgeprägt.“

Ihr Stephan Zieger

 

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