Ziegers Zeilen (KW 29)
Tesla verzeichnet Rekordumsatz. Steht heute so als Überschrift in der Druckausgabe der Kölnischen Rundschau. Eine solche Schlagzeile elektrisiert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Tesla, so vermeldet die Kölnische Rundschau, hat im im vergangenen Quartal 466.000 Autos verkauft. Allerdings weltweit, für alle, die die zweite Million Stromer in Deutschland schon kommen sehen. Dennoch: Ein guter Teil dieser Fahrzeuge wird ja auch in Deutschland hergestellt. Nach Information von Tesla sind diese 466.000 80 Prozent mehr als im Vergleichsquartal 2022.
Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf mehrere massive Preissenkungen, die wohl auch nicht die letzten sind. Weitere kündigte Elon Musk in einem Bericht in der Druckausgabe der FAZ an. Professor Dudenhöfer, der wie immer bei solchen Berichten nicht fehlen darf, bewertete Teslas Verhalten als Kampfansage an die deutschen Hersteller. Im „Merkur“ geht Dudenhöffer sogar als Wirtschaftsexperte durch. Und im weiteren Artikel als „Autopapst“. Dudenhöffer sieht in diesen Plänen noch nicht das Ende erreicht. „Ich denke, er (Musk, Anm. d. Red.) will sogar noch mehr bauen. Denn Tesla will bis zum Jahr 2030 weltweit 20 Millionen Elektroautos jährlich bauen und verkaufen. Wenn man die bisherigen Steigerungsraten nimmt, könnten es sogar 30 Millionen sein“, so Deutschlands „Autopapst“. In einem Gespräch mit Antenne Brandenburg erklärt der Professor vom CAR-Institut in Duisburg, dass er das Potenzial sieht, dass Tesla weltweit etwa „zwei- bis dreimal so groß wie Volkswagen“ werden könne. Ein weiteres Zitat: Elon Musk habe Dudenhöffer zufolge ein Ziel und setze dies „mit aller Gewalt und äußerster Brutalität durch“. Und das laute: „Er will und wird der weltweit größte Autobauer sein.“
Und in der Tat, Elon Musk macht den deutschen Herstellern das Leben schwer. Das liegt auch an der Strategie. Elon Musk will so viele Autos wie möglich verkaufen. Die deutschen Hersteller verkaufen ihre Autos orientiert an der Marge. Und Marge gibt es nur bei den teuren großen Autos. Einen wie den früheren Golf oder Astra sieht man nicht. Und andere kleine Fahrzeuge sind auch nicht im Angebot. Jedenfalls nicht erschwinglich. Das haben auch Politiker erkannt. „Mit den Herstellern gilt es, in den Dialog zu treten, damit nicht mehr nur große Pkw, sondern eben auch kleine und mittlere Pkw zu günstigen Preisen produziert werden“, wird Stefan Gelbhaar, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, zitiert. Wenn die Marge unter Druck gerät, ist der Hersteller schutzlos, jedenfalls dann, wenn er kein Konzept hat. Bernd Reuther, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erklärt laut Handelsblatt: „Ich sehe da die Hersteller in der Pflicht, günstigere Autos anzubieten.“ Der 52-Jährige verweist auf die Preispolitik der Autobauer und deren Rendite-Erwartung: Wenn der Staat immer eingreife und subventioniere, würden die Preise vonseiten der Konzerne nie sinken, erklärt der Liberale dem Magazin. Und Elon Musk hat offensichtlich in der Vergangenheit genügend Geld verdient, um diesen Kurs durchzuhalten. Die deutschen Hersteller müssen sich fragen lassen, wohin sie wollen. Vom Verbrenner haben sie sich verschämt abgewandt. In diesem Segment waren sie führend.
Und der kurzfristige Ausblick ist nicht gut. Das steht im Magazin „Stern“ in der Online-Ausgabe. „Wir gehen davon aus, dass das BEV-Wachstum in Flotte von 63 Prozent im ersten Halbjahr auf nur noch zwei Prozent im zweiten Halbjahr schrumpft“, zitiert die Fachzeitschrift den Dataforce-Analysten Benjamin Kibies. Er erwartet im September und Dezember einen Einbruch um über 50 Prozent. Denn im ersten Halbjahr 2023 hatten zwei Drittel der neuzugelassenen E-Fahrzeuge gewerbliche Zulassungen. Hat dies auch Auswirkungen auf das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektroautos auf die Straßen zu bringen? „Das 15-Millionen-Ziel der Bundesregierung rückt in weite Ferne“, bilanzierte Kibies gegenüber der Automobilwoche.
Das 15-Millionen-Ziel der Bundesregierung dürfte dabei das geringste Risiko sein. In China tobt derweil ein unbarmherziger Preiskampf. Das berichtet das Online-Magazin „Elektro-Auto-News“.
Und über dies alles dürfen Sie sich, ausgerüstet mit den dargelegten Fakten, jetzt selber ihre Gedanken machen.
Anderes Thema: Wir kommen noch einmal auf unsere Zeilen der letzten Woche zurück. Jetzt ist Herr Timmermans tatsächlich auf dem Weg, um in den Niederlanden Politik zu machen. Wir hatten moniert, dass der versprochene Brief der Kommission noch fehlt. Jetzt – aber nicht wegen uns – hat Herr Timmermans noch reagiert. In der Online-Ausgabe der Zeit kündigte man sein Schreiben an. Und auch die Inhalte. „Es ist eine ganz, ganz kleine Ausnahme, und ich bin davon überzeugt, dass die übergroße Mehrheit der Automobilindustrie schon weiß, dass es viel günstiger ist, auf Elektromobilität umzuschalten oder mit Wasserstoff zu arbeiten“, sagte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans der Rheinischen Post. „Aber man hat uns aufgefordert, technologisch offen zu sein, und das sind wir. Wenn man sagt, mit E-Fuels können wir Autos ohne CO2-Ausstoß bauen, dann muss man das versuchen.“
Ich bin gespannt. Ich freue mich auf den Brief. Vielleicht hilft es auch an anderer Stelle. Denn erst dann kann es stabile Rahmenbedingungen für Investitionen und Investoren geben. Und dann wird es entscheidende Fortschritte im Klimaschutz geben.
Ihr Stephan Zieger