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Ziegers Zeilen (KW 26)

Wer Feind ist und wer nicht. Vom Verbrennerverbot, von Technologieoffenheit und späten Einsichten 

Wer die Zeitungen verfolgt stößt immer mehr auf spannende Zitate und Interviews. Manchmal sind es nur Zitate. Manchmal ist es mehr. Dieses Mal hat es uns ein Interview mit André Schmidt im Energie-Informations-Dienst (EID) angetan. André Schmidt ist Präsident von Toyota Deutschland. Und er hat sich in einem Interview deutlich zu allen Fragen rund um Mobilität und das Verbrennerverbot geäußert. Der Tenor im EID-Interview: Der Verbrenner ist nicht der Feind!“ Und weil uns schon der Titel reizte, wollen wir Ihnen seine Ansichten nicht verbergen, sondern schauen, ob wir darauf etwas lernen können. 

Schmidt betont zu Beginn, dass die deutschen Autokunden im Moment über den weiteren Weg nicht schlüssig sind. Im Moment habe man alle „E-Auto-Pioniere“ erreicht. Bei den anderen mangelt es noch an Orientierung. Ursache scheint danach die Ladeinfrastruktur zu sein. Das ist eine wirklich gute Analyse der momentanen Situation. Denn wie Schmidt es beschreibt, fehlt es bei vielen an einem ausreichenden und verlässlichen Zugang zur Ladeinfrastruktur. Das ist aus Schmidts Sicht nicht gerade ein Grund eine Kaufentscheidung.

Wasserstoff ist für einen Anbieter wie Toyota immer noch eine Option. Die möchte er sich erhalten. Angesprochen auf das Verbrennerverbot kommen die entscheidenden Sätze. Feind, so Schmidt, ist nicht der Verbrenner, sondern das CO². Mit so einem Satz kann man eine Diskussion in die richtige Richtung lenken. Denn, das wissen wir. Bei der Defossilisierung des Straßenverkehrs spielen E-Fuels und synthetische Kraftstoffe eine entscheidende Rolle. Ein solcher Satz hat etwas mit Technologieoffenheit zu tun.

Technologieoffenheit ist für Schmidt offensichtlich auch aus anderen Gründen notwendig. Und das finden wir wirklich spannend. Befragt, wo die Rohstoffe für Elektromobilität bei einer all-electric-Strategie herkommen sollen antwortet Schmidt seinem Interviewpartner: „(…). Man muss auch von der Ressourcenseite her denken. Unsere Studien zeigen dass in der Produktion eines Elektrofahrzeuges mit einer Batterie von 100 Kilowattstunden genauso viel Lithium benötigt wird, wie für 77 Hybridfahrzeuge, die aber bezogen auf das eingesetzte Lithium in der Nutzung einen deutlich positiveren Einfluss auf die CO²-bilanz haben.“ Wir mögen diese Zitat. Und es wird ja viel gerechnet in diesen Tagen. Wenn es Ihnen gefällt, machen Sie einmal die (Rechen-)probe aufs Exempel.

Toyota forscht. An Batterietechnik, an Reichweite, an Fahrzeugformen und Materialien mit denen Fahrzeuge, egal mit welchem Antrieb, ihre Reichweite erhöhen können. Und eben damit auch den CO²-Ausstoß. Denn, und da ist Schmidt sich sicher. Auch beim Verbrenner geht noch etwas. Und er ist sich ganz sicher. Deshalb das vollständige Zitat zum langsamen Mitlesen: „Toyota forscht an einem Kohlenstofffilter, der CO² direkt aus dem Abgas filtert. Deswegen ist es so wichtig, den technologischen Fortschritt auch im Zusammenhang mit Verbrennern nicht zu bremsen.“

Also Fazit dieses heraustragenden Beitrags im aktuellen EID. Da geht noch was. Und Emissionsziele im Hinblick auf 2035 oder sogar 2045 sind auch im Verkehr erreichbar. Dazu ist es aber wichtig, sich offen auch für alle Technologien zu zeigen. Und, so sehen wir das, sich mindestens für den Moment noch alle Möglichkeiten offenzuhalten. Wo der „Heureka“-Effekt auftritt, lässt sich eben nicht steuern. 

Apropos. Die Kurve gekriegt hat auch Herbert Diess. Sie erinnern sich, Herbert Diess war einmal VW-Cef. Er war der Automanager, der geraten hatte, keinen Verbrenner mehr aus seinem eigenen Konzern zu kaufen. Die seien auf Dauer zu teuer. Und das war derjenige, der sich vehement für das Verbrennerverbot eingesetzt hat. In einem aktuellen Focus-Interview, erklärt er warum das so war. „Ich habe mich damals nicht dagegen gestellt, weil das Verbot auch Vorteile hat, zum Beispiel indem es eine gewisse Orientierung für den Kunden bietet. Der weiß dann: Okay, 2035 ist Schluss, ich fahre vielleicht noch zwei Verbrenner und dann schaue ich mal. Das klang damals ganz anders. Aber es ist niemand daran gehindert klüger zu werden. So wie Diess es für sich selbst jetzt formuliert: „Ich finde es immer schlecht, wenn man mit Verboten argumentiert. Heizungsverbot, Verbrennerverbot, das muss nicht sein“.

 

Eine solche Wendung muss der Toyota-Chef nicht machen. 


In diesem Sinne, ein schönes Wochenende!


Stephan Zieger

 

 

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