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Ziegers Zeilen (KW 23)

Stammtischparolen

Wissen Sie was ein Stammtisch ist und sind womöglich auch bei einem Stammtisch dabei. Wikipedia beschreibt den Stammtisch sowohl als „eine Gruppe von mehreren Personen, die sich regelmäßig in einem Lokal trifft, als auch der meist größere, runde Tisch, um den sich diese Gruppe versammelt(…).Dem Stammtisch wird oft eine vereinfachende, undifferenzierte Argumentationsweise unterstellt, für die sich Begriffe wie Stammtischparole, Stammtischpolitik und Stammtischniveau etabliert haben, die metaphorisch auch für politische und gesellschaftliche Diskussionen außerhalb realer Stammtische verwendet werden.

Was das mit unseren Zeilen zu tun hat? „Heise – Auto“, ein Online – Magazin hat jetzt berichtet, dass der schwächelnde E-Autoabsatz etwas mit dem Stammtisch zu tun hat. Auf der Konferenz TÜV Mobility Conference 2024 hat der Geschäftsführer der E-Autovermietung Nextmove gesagt, dass man ein massives Stammtischproblem habe. Die aktuell „maue“ Nachfrage nach Elektroautos sei von den echten Herausforderungen der Antriebswende nicht gedeckt. Das sind schon starke Worte. Möller macht ein Stimmungstief aus. Sieht Verbraucher wie Kaninchen vor der Schlange. Schuld daran ist die Politik. Die hat den Verbraucher hängen gelassen. Und deswegen müsse diese „rasch wieder positive Impuls setzen“. So jedenfalls Möller. Möller kann sich viele Maßnahmen vorstellen. Und er zeigt auch vieles Richtige auf. Leasingraten sind nach seinen Erkenntnissen auf Ramschniveau angekommen. Ladepunkte sind schon viele da. Also was muss die Politik machen. Das geht aus dem Beitrag leider nicht hervor.

Der normale Reflex würde bedeuten, mehr Kohle für Stromer. Ob da wohl  jeder mitspielt. Wir wollen uns mit diesem Kalauer nicht an der Verteufelung der Elektromobilität beteiligen. Obwohl wir hin und wieder befürchten, dass das so ist. Das aber nur am Rande …

Wenn bei diesen Rahmenbedingungen die Verbraucher immer nicht springen bzw. mitspielen wollen, dann haben wir ein grundsätzliches Problem in der Akzeptanz, kein Stammtischproblem. Der Verbraucher ist schließlich nicht dumm. In einem Tankwartlehrbuch aus den 70ern wird den Lehrlingen Respekt gegenüber den Autos der Kunden beigebracht. Meistens, so der Autor dieses Lehrbuchs,  ist das Auto der (materiell) wertvollste Besitz des Verbrauchers. Das stimmt für die meisten auch in diesen Zeiten immer noch, es sei denn es befindet sich noch ein Haus im Besitz. Dann steht das Auto aber immer noch an zweiter Stelle.

Auf der Mobicon 2024 wurde auch noch eine frische TÜV-Studie zur Mobilität vorgestellt. Kurze Essenz daraus. 51 Prozent der Bundesbürger halten es für unwahrscheinlich, dass sie als nächstes Fahrzeug ein Elektroauto kaufen. Nur 27 Prozent ziehen eine solche Anschaffung ernsthaft in Erwägung. Als Hemmnisse nannten die Teilnehmer der repräsentativen Umfrage – wie schon die Jahre zuvor – zu hohe Anschaffungskosten (54 Prozent) und zu geringe Reichweiten von E-Autos (51 Prozent) in Kombination mit einer unzureichenden Ladeinfrastruktur (43 Prozent). Neu sind Sicherheitsbedenken. 18 Prozent haben grundsätzliche Bedenken wegen der Sicherheit der Fahrzeuge. Ein hoher Anteil von 40 Prozent hat weniger Vertrauen in die Sicherheit von E-Autos als in die von Verbrennern. In dieser Gruppe befürchten 80 Prozent, dass es zu Problemen mit der Batterie kommen könnte. 68 Prozent sorgen sich, dass es bei Unfällen mit Stromern ein höheres Brandrisiko gibt.  Viele dieser Zahlen finden sich auch in einer Allensbachstudie zum Thema Mobilität, über die wir unlängst gesprochen haben.

Das alles hört sich nicht nach Stammtisch an. Es geht wiegesagt, um einen der materiell wertvollsten Gegenstände der Verbraucher. Dafür gibt er viel Geld aus. Das Auto. Das verlangt nach mehr Argumentation, nach mehr Aufklärung und nach weniger Bevormundung. Auch das hatten wir unlängst einer Studie entnommen, ist eines der Dinge, die der Verbraucher bei diesem Thema nun überhaupt nicht leiden mag. Die HUK-Studie 2024 zur Elektromobilität hat aufgezeigt, 25 Prozent der Befragten beklagen eine „zu starke öffentliche Bevormundung im Mobilitätsbereich. (…) Ebenfalls sorgen sich die Befragten mehr um den „Verlust an Individualität und Selbstbestimmung“. Im Vorjahr trieb diese Sorge 19, jetzt bereits 23 Prozent der Befragten um.“

Vertrauen kann man daher nur in einer vernünftigen Art und Weise herstellen. Und dazu gehört, dass man alle Argumente aufführt. Auch die, die man nicht gerne hören möchte. Dazu gehört, dass man die Gegenseite hört Technologieoffen argumentiert. Dass wir damit auch die E-Fuels meinen, wollen wir nicht verhehlen. Die gebetmühlenartige Verteufelung flüssiger Alternativen zur Elektromobilität ist ein Irrweg. Technologieoffenheit ist auch eine Frage des Mindsets. Denn letztendlich geht es um die Akzeptanz aller möglicher Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels.  Und nicht um weniger.

Das war´s für heute. Aber bevor wir ganz am Ende sind, noch eine Kleinigkeit, die heute im Radio zu hören war. Heute ist vor allem in den USA der Tag des Schokoladeneises (engl. National Chocolate Ice Cream Day). Dieser Tag wird seit fast 30 Jahren immer am 07. Juni begangen. Seit der gleichen Zeit wird in Deutschland der Tag der Apotheke begangen. Entscheiden Sie, welchen Tag sie bevorzugen. Ich persönlich habe mich entschieden. Ohne jeden Druck.

 

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