Ziegers Zeilen (KW 23)
„So steht es um die Elektromobilität in Deutschland“ – dies ist einer der vielen Artikel rund um Elektromobilität in Deutschland. Sie sagen viel oder nichts. In der Bonner Rundschau vom vergangenen Mittwoch – leider nur in der gedruckten Ausgabe verfügbar – ging es um einen Einzelhändler in Bonn, der nach langem Suchen im Keller eines Parkhauses Elektroladesäulen entdeckt hatte. Der Einzelhändler hatte drei Klagepunkte: Man könne die Ladepunkte nicht finden, sie seien schwer zu erreichen und sie seien zu teuer. Alle drei Vorwürfe geschenkt. Ein handelsübliches Navigationsgerät hätte ihm sicherlich geholfen. Oder die Ladepunktekarte von e-stations.de. Die Frage nach dem Preis ist Beiwerk. Energie ist immer zu teuer. Da scheint der Strom ja auch jetzt in der Wirklichkeit angekommen zu sein. Und das, obwohl die Steuerbelastung von Ladestrom gegenüber flüssigen Kraftstoffen noch weit auseinander fällt. Aber das wollen wir uns ja leisten.
Die Ladepunktekarte macht neugierig, denn sie bestätigt das, was einschlägige Veröffentlichungen immer wieder hervorheben. In urbanen Zentren gibt es mehr Ladepunkte als in einer ländlichen Umgebung. Womit wir bei der Zahl des Tages wären, veröffentlicht vom Statista Research Department, 08.06.2023: Weiterer Zuwachs bei der Anzahl der Ladestationen für Elektroautos in Deutschland – im zweiten Quartal des Jahres 2023 lag die Anzahl der Ladestationen in Deutschland bei rund 33.700. Im Vorjahresquartal waren es etwa 27.000. Abgebildet werden dabei Ladestationen aller Ladegeschwindigkeiten. Und es gibt natürlich keine Statistik, die nicht noch einmal von anderen überprüft wird. Auf der Seite Basicthinking, auf der sich zahlreiche Blogger zu Wort melden, lesen wir folgendes: Die Anzahl der Ladestationen in Deutschland gibt jedoch keine direkte Auskunft, wie viele Autos dort tatsächlich geladen werden können. Denn meist gibt es an einer Ladestation mehrere Ladepunkte – Fahrer:innen können also mehr als ein Auto gleichzeitig an den Strom anschließen.
Laut dem Karten- und Navigationsdienstes Here Technologies verfügt Deutschland derzeit über 105.236 öffentliche Ladepunkte. Im Durchschnitt teilen sich laut dem Anbieter in Deutschland 27 Elektroautos eine öffentliche Ladestation. Der Spiegel hat die Karte von Here auf seiner Website wiederum visualisiert. Auf diese Karte kann man leider im Moment nur über eine Bezahlschranke gelangen. Über e-Stations oder über den Dienst Here kann man dies auch selber machen. Wenn man Lust und Zeit hat.
Es ändert aber nichts daran, dass eine Million öffentliche Ladepunkte bis 2030 entstehen sollen. Da fehlen noch ein paar. Und dies dauert noch. Für die eine Million Fahrzeuge reicht es erstmal. Ob knapp oder ausreichend, das mag jeder selbst beurteilen.
Aber zurück zu den 27 Fahrzeugen pro Ladepunkt. Es gibt ungefähr 48,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland, davon etwa 47 Millionen Verbrenner. Und 14.460 Tankstellen zu Beginn des Jahres 2023. Und alle sind ohne einen Masterplan entstanden. Einfach weil sie benötigt wurden. Das ist das Potenzial der flüssigen Kraftstoffe. Womit wir immer wieder bei den E-Fuels wären. Flüssige Kraftstoffe können mehr.
Eine gute Botschaft zu einem ganz anderen Thema zum Schluss. Die DIN En 15940 ist jetzt veröffentlicht. Mit nüchternen Worten informierte der DIN-Normenausschuss Materialprüfung (NMP) darüber, dass mit Ausgabedatum 2023-07 die DIN EN 15940 – „Kraftstoffe - Paraffinischer Dieselkraftstoff von Synthese oder Wasserstoffbearbeitung - Anforderungen und Prüfverfahren; Deutsche Fassung EN 15940:2023“ erschienen ist. Wer will, kann das Dokument bei der Beuth Verlag GmbH in Berlin beziehen.
Wichtig ist das dafür, dass es jetzt endlich eine fertige Norm für die HVO-Kraftstoffe gibt. Mit einer schnellen Änderung des 10. BImSchV könnten die Rechtsunsicherheiten beim Verkauf von HVO100 blitzschnell beseitigt werden. Man müsste es wollen. Und dann auch schnell. Dass man auch andere Dinge in der 10. BImSchV ändern will, ist kein Argument. Oder nur ein kleinliches. Andere Normen werden auch in regelmäßigem Abstand überarbeitet.
Ihr Stephan Zieger