Ziegers Zeilen (KW 18)
Nicht dass jemand denkt es ist der Beitrag von der vergangenen Woche. „Irgendwie ist das gerade nichts mit der Elektromobilität“, so haben wir letzte Woche unseren Beitrag angefangen. Und die Woche ist nicht besser geworden. Und wir hatten in der letzten Woche nur über die Umfragen der Targobank und die Mobilitätsstudie der HUK-Coburg gesprochen.
Kurz vor dem Feiertag berichtet diese Woche auf Seite 17 die FAZ über eine Umfrage von Allensbach. „Auf keinen Fall ein E-Auto“ titelt die FAZ ihren Bericht. Und dort geht es dann wirklich zur Sache. Allensbach hat ausführlich gefragt. Nur noch 17 % wollen noch einen Stromer fahren. Die Argumente sind bekannt, nur deutlicher. Auch das ZDF berichtet. Dort heißt der Titel „Umfrage zeigt Akzeptanzprobleme - Immer weniger Deutsche wollen E-Autos kaufen“. Reichweitenzweifel, Zweifel an der Umweltfreundlichkeit, fehlende Ladeinfrastruktur, Ladepreis und vor allem die Anschaffungskosten sind die Kritikpunkte. Und die Prozentzahlen hinter den Bedenken sind hoch. Selbst die Gegenfrage, unter welchen ein E-Auto attraktiv sein würde, wurde in der Umfrage thematisiert. Ein niedriger Kaufpreis könnte motivieren. Höhere Reichweite, sinkender Strompreis, mehr Ladestationen, kürzere Ladezeiten und am Ende auch kostenlose Lademöglichkeit waren Gesichtspunkte, die ein Auto attraktiv machen würde. Begeisterung löst das aber nicht aus. Zuversicht auch nicht
Aber, und deswegen beschäftigen wir uns heute mit der Studie, das alles geht tiefer. Es geht nicht darum, eine Technologie abzuwerten oder zu diskreditieren. In der Umfrage, die Allensbach durchführt, wird auch danach gefragt, wie Klimaschutz besser betrieben werden sollte. Die Hebel für mehr Klimaschutz liegen nach Ansicht der meisten Befragten jedenfalls nicht alleine im Verkehrsbereich. Alle Länder der Welt müssen mehr Klimaschutz betreiben (74 %), der Regenwald muss mehr geschützt werden (71 %), der ÖPNV weiter ausgebaut werden (62 %), Güter müssen über die Schiene transportiert werden (60 %) und ein wichtiger Hebel sind danach auch die alternativen Kraftstoffe. Das letztere meinen 55 % der befragten Bundesbürger. Die Schiene hat dort große Sympathien. Deutlich mehr als die Elektromobilität. Allerdings steht sie selber auch sehr heftig in der Kritik. 65 % meinen, dass der Zustand der Schiene schlecht ist. Aber sie bleibt Hoffnungsträger.
Kein Hoffnungsträger ist die Elektromobilität. Und kein Hoffnungsträger ist das Verbrennerverbot. Nur noch 14 % der Befragten sind davon überzeugt, dass das Verbrennerverbot eine wirksame Maßnahme für den Klimaschutz ist. Interpretiert man dieses Ergebnis, bedeutet das, dass der weit überwiegende Teil der Befragten auch im Verbrenner eine Möglichkeit sieht, Klimaschutz zu betreiben.
Zitat aus der Zusammenfassung dieses Teils der Befragung in der Allensbach-Studie: „Dass der Verkehrssektor zur Verringerung der Klimabelastung beitragen kann, ist der überwältigenden Mehrheit nach wie vor bewusst. Allerdings hat sich auch diese Überzeugung tendenziell abgeschwächt. 2021 waren 81 Prozent der Bevölkerung überzeugt, dass man mit den richtigen Maßnahmen im Bereich Mobilität und Verkehr die Klimabelastung reduzieren kann, aktuell gehen davon 75 Prozent aus. An einen großen Beitrag glauben allerdings nur 27 Prozent, während 48 Prozent der Bevölkerung überzeugt sind, dass der Verkehrssektor nur zu einer sehr begrenzten Verringerung der Klimabelastung beitragen kann.“ Hier auch wieder die eigene Interpretation. Stromer als Beitrag zum Klimaschutz sind in den Köpfen noch nicht angekommen.
Auch spannend, denn das betrifft die Wahrnehmung des eigenen technischen Potentials: „Nur 20 Prozent der Bevölkerung sind überzeugt, dass in Deutschland besonders gute Elektroautos gebaut werden. 29 Prozent schreiben diese Qualität dagegen China zu, 13 Prozent Japan und 11 Prozent Südkorea. Unter denjenigen, die den Kauf eines Elektroautos in Betracht ziehen, schätzen 30 Prozent das Qualitätsniveau chinesischer Elektroautos höher ein, während 26 Prozent Deutschland und 18 Prozent Japan bevorzugen.“
Aber zurück zum Kernthema. Die Elektromobilität hat gerade Gegenwind. Sie begeistert nicht und sie überzeugt noch weniger. Selbst wenn man die Umfragen aus der vergangenen Woche nicht besonders ernst genommen hat. Die Allensbach-Umfrage zeigt, dass die Politik dringend Lösungen finden muss, um die Bevölkerung mitzunehmen. Technologieoffenheit ist ein Weg. Alternative Kraftstoffe gehören dazu. Und Informationen. All-electric ist nicht durchzuhalten. Nicht, wenn man auch Klimaschutz will.
Der Auftraggeber der Studie ist Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, eine Organisation, die sich mit Technik- und Zukunftsfragen beschäftigt. Ein wesentliches Ziel von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften ist es, Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen zu beraten. acatech folgt bei der Politik- und Gesellschaftsberatung und der Politischen Kommunikation den Prinzipien der Wahrhaftigkeit, Unabhängigkeit und Transparenz. Der Auftraggeber ist sehr positiv beleumundet. Und nicht bekannt für ideologische Voreingenommenheit. Das kann man auf den Seiten der Akademie nachlesen. Viel Spaß dabei.
Wenn Sie noch einen Moment Geduld haben noch zwei Kleinigkeiten. Die eine, das Laden von E-Autos ist teuer. Das hat der Stromanbieter Lichtblick herausgefunden. 20 kWh für 100 km Fahrleistung kosten an einer Schnellladesäule 13.11 Euro. Beim „Zuhause-Laden“ gibt man nur 0,42 Euro/ kWh aus. Ursache laut Lichtblick. Die Bildung von Monopolen bei der Ladeinfrastruktur. Lösung laut Lichtblick, Durchleitung von billigem Strom zu jeder Ladesäule. Unsere Lösung wäre die erleichterte Zulassung von mittelständischen Stromanbietern an der Säule. Das hilft auf Dauer.
Die zweite Kleinigkeit. Damit schließt sich für den gebeutelten Stromer der Kreis. Auch der ADAC hat eine Umfrage gemacht. 80 % der Elektroautofahrer bleiben dem Stromer treu. 10 % kaufen sich einen Verbrenner. 10 % einen Hybrid. Begründung laut ADAC. Man hat sich halt daran gewöhnt. Lieblingskombination, auch laut Studie. Elektroauto und Leasing. Rechenaufgabe fürs Wochenende. Bei einer durchschnittlichen Leasingdauer von drei Jahren, wieviel Prozent vom Anfangsbestand sind nach 11 Jahren (zum Start des Verbrennerverbotes) und nach 30 Jahren als Nachfrager von neuen Stromern noch übrig. Der Einfachheit halber gehen Sie von einem Leasingbestand von 100 % aus. Profis können an dieser Stelle gerne weiterrechnen: Ein neues Auto besitzt nach heutigem Stand und Standard eine Lebensdauer von circa zwölf Jahren. Allerdings werden in Deutschland nur die wenigsten Autos bis zu diesem Alter auch gefahren, meistens werden sie vorher in das Ausland weiterverkauft. Das durchschnittliche Alter deutscher Autos liegt bei acht Jahren
Ihr Stephan Zieger