Ziegers Zeilen (KW 13)
Jetzt wird alles gut für den Verbrenner. E-Fuels dürfen sein. Vielleicht gibt es ja auch noch eine Unterstützung bei den Steuern, sei es bei der Energie- oder bei der Kfz-Steuer. Jetzt machen wir uns gemeinsam auf den Weg in die klimaneutrale Zukunft. Könnte man denken.
Aber die Stromlobby bleibt unversöhnlich. Vielleicht ist Lobby der falsche Ausdruck, denn es sind die Gegner des Verbrenners, die hier Laut geben. In der Onlineausgabe der Tagesschau, konnte man lesen, dass E-Fuels knapp, teuer und ineffizient sind.
Ja, heute sind sie es. Aber es geht um 2035. Aber offensichtlich ist das egal. Das Schlusszitat in diesem Tagesschau-Kommentar wollen wir Ihnen nicht vorenthalten: „Das einzig beruhigende an dem Theater: Am Ende wird die Kommission einen Vorschlag machen, der am faktischen Verbrenner-Aus doch nichts ändert. Und wenn sie einen solchen Vorschlag nicht macht, dann wird das Europäische Parlament dagegen klagen. Und dann muss sich vielleicht sogar Christian Lindner 2035 doch einen Neuwagen mit E-Antrieb kaufen. Besser wär's.“
In einem Beitrag im Online-Dienst t3N titelte die Redaktion, dass der „Lamborghini-Chef nicht überzeugt von E-Fuels“ ist. Damit wollte man wohl in der Porsche-Liga spielen. Dass E-Fuels zu laut sind, hatten wir bisher nicht gehört. Jedenfalls scheint der Sportwagenherstellerchef sich, wenn wir den Artikel richtig verstanden haben, sicher zu sein, dass dem dröhnenden V12-Geräusch nicht die Zukunft gehört. Und hier das Zitat, weil es so schön ist: „Ob in einem Jahrzehnt ein dröhnender V12-Sound in einem Fahrzeug noch attraktiv sein wird, sei zumindest fraglich.“ Vielleicht wäre es gut, wenn der deutsche Lamborghini-Chef das nicht auf seinem Heimatmarkt erzählt. Dort entwickelt sich nämlich gerade eine heftige Diskussion gegen das Verbrennerverbot.
Aber zurück zum Thema. Auf breiter Front kommen noch einmal massive Stimmen und Stimmung gegen E-Fuels auf. Wer mag, kann sich das im Rahmen der Presseauswertung zu „Verbrenner-Verbot“ oder „E-Fuels“ beispielsweise auf Google anschauen. Er wird auch den unversöhnlichen E-Fuels-Gegner Prof. Dudenhöffer finden. Der bezeichnet E-Fuels als „grausig“. Er muss es wissen. Als Experte.
Bei der Presseauswertung wird man am heutigen Freitag auch auf einen Beitrag aus dem Handelsblatt stoßen, der aus einer Studie der Strategieberatung Oliver Wyman zitiert. In Auszügen findet man diesen Beitrag auch im Merkur. Für eine schrittweise Beimischung von synthetischen Kraftstoffen zu Benzin, Diesel und Kerosin sind laut der Analyse von 2030 bis 2040 Investitionen von 120 bis 310 Milliarden Euro erforderlich. Mit den Argumenten dieser Studie muss man sich auseinandersetzen. Ein Argument ist, dass E-Fuels zu teuer sind und sie nicht in Deutschland hergestellt werden können. Den Gegenbeweis erbringt gerade das Konsortium in Chile. Unabhängig von diesem Konsortium muss man auch Prof. Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), zuhören, der davon überzeugt ist, dass „Eine großflächige E-Fuels-Produktion wird langfristig Kraftstoffkosten unter einem Euro pro Liter (möglich macht)“.
Auch, so die Strategieberater von Oliver Wyman, seien die Kapazitäten nicht ausreichend. Nach meiner Meinung ist dieses Argument zu kurz gegriffen. Es geht ja jetzt gerade um den Aufbau einer entsprechenden Kapazität. Und wenn man dieses Argument dennoch ernsthaft ins Feld fügt, müsste man wohl auch fragen, ob der Aufbau einer Struktur von grünem Strom für die Mobilität richtig kalkuliert ist. Die weitere Frage, ob sie überhaupt gelingt, drängt sich bei der Bewertung der Argumente gegen die E-Fuels förmlich auf. Denn im Unterschied zu den E-Fuels kommt der Strom für die Stromer nur aus Europa. Ein Schelm wer dabei böses denkt.
Lesen Sie selbst und setzen Sie sich mit den Argumenten auseinander. Und erinnern Sie sich an die Prognos-Studie von 2017. Das ist zwar lange her, aber damals hat die Branche beschrieben, wie man eine ausreichende Infrastruktur für bezahlbare E-Fuels aufbaut. Jens Hobohm, Vize-Direktor der Prognos AG, die die Untersuchung für Verbände der deutschen Mineralölwirtschaft vorgenommen hat: „Im Jahr 2030 wird ihre Herstellung, abhängig vom Produktionsstandort, zwischen 90 Cent und 1,40 Euro je Liter kosten.“ Die Voraussetzungen hierfür sind noch da. Wir haben nur jetzt schon 2023.
Eigentlich wäre nach der Entscheidung von Brüssel und nach der Kabinettsklausur der Zeitpunkt gekommen, Strom und E-Fuels gemeinsam zu nutzen. Das wäre für das Klima schon ein gutes Signal. Argumente hierfür findet man auch bei Oliver Wymann. In einer lesenswerten Präsentation haben sie gezeigt, dass die Gesamtkosten für die Dekarbonisierung des Standortes Deutschland richtig hoch sind. Und, das jetzt wörtlich und im Layout genau wie bei Wymann: NETZ KOMMT BEREITS VOR 2030 TROTZ INTELLIGENTER E-AUTO LADESTEUERUNG UND NETZDIENLICHER NUTZUNG VON LOKALEN SPEICHERN AN SEINE KAPA-GRENZE.
Denken Sie daran. Europa will bis 2045 ein klimaneutraler Kontinent sein. Die jetzt beschlossenen Maßnahmen sind für das „Fit-for-55“-Paket. In diesem Paket geht es darum, 55 Prozent der CO2-Emissionen zu reduzieren. Es fehlen noch 45 Prozent …
Ihr Stephan Zieger