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Ziegers Zeilen (KW 11)

Heute geht es ein wenig um Elektromobilität. Da sind einige interessante Fragen aufgekommen. Den Beginn macht ein spannender Beitrag auf der Seite des Onlinedienstes „electrive“. Dort titelte das Magazin „Ein Blick in die Glaskugel des Ladens“. Ein solcher Titel macht neugierig. Und in der Tat, der Beitrag war wirklich interessant. Es war ein Bericht über eine Online Tagung zur Zukunft des Ladens. Viele Experten haben sich dort zu Wort gemeldet. Und interessantes berichtet.

„Timing ist die halbe Miete!“ so wird Moritz Fehlow zitiert. Fehlow ist Geschäftsführer von MER Deutschland, einem Anbieter von Ladeinfrastruktur. Gemeint ist folgendes: „Wenn man den verfügbaren Ökostrom zum richtigen Zeitpunkt in die E-Auto-Batterien bekommt, wird es günstiger. Nicht nur, weil der Ökostrom selbst im Zeitraum des Überschusses günstig ist, sondern weil Lastspitzen in den Netzen vermieden werden – und damit der teure Netzausbau, den wir Endkunden alle über den Strompreis zahlen.“ Sportlich! Und noch ein Zitat: „Mit den volatilen, erneuerbaren Energien müssen wir unseren Verbrauch an die Erzeugung anpassen.“

Das sind ganz neue Perspektiven für Elektroautos. Möglichst viel und voll tanken wenn viel Strom da ist. „Flexibilität ist die neue Währung der Energiewirtschaft“. Das sind starke Worte. Da werden natürlich Erwartungen geweckt. Die kann man aber nur einlösen, wenn man sich darauf einlässt, seine Wallbox im Zweifelsfalle dimmen zu lassen. Von 11 kWh auf 4,2 kWh im Bedarfsfalle. So sorge nach Auskunft des Referenten §14a des Energiewirtschaftsgesetzes an dieser Stelle für Wallboxbetreiber für Einnahmen von 160 Euro im Jahr, wenn man seine Wallbox vom Netzbetreiber dimmen lässt. 160 Euro klingt gut, sind aber weniger als 50 Cent pro Tag.

Spannend wird ein anderes Thema, über das auf der Online-Tagung auch diskutiert wurde. Das bidirektionale Laden. Auch die Kölnische Rundschau berichtete in ihrer Druckausgabe über das Thema. „E-Autos bald Stromquelle für alle?“ war der Titel des dortigen Beitrags. Ganze Nachbarschaften warten auf die Versorgung durch Fahrzeugakkus. Klingt gut. Vehicle-to-Home und „Vehicel-to-Grid“ sind die Schlagworte. Gewöhnliche Stromspeicher in Häusern haben fünf bis fünfzehn kWh Kapazität. Da hat der Speicher in einem E-Auto eine ganz andere Kapazität. Und für den der über keine Solaranlage verfügt, könnte das noch attraktiver sein. Man hört zuhause schon seinen Partner sagen „Bring mal etwas mehr Strom mit, wir müssen unbedingt Waschen und die Spülmaschine anwerfen. Und bei den Kindern muss dringend Staub gesaugt werden.“ Da werden im Kopf ganz andere Bilder wach. Tatsächlich gibt es mittlerweile schon Fahrzeuge mit einem einem Schuko-Stecker. Wobei, und da sind wir in der Realität angekommen. Nicht jede Wallbox und jedes Auto sind für das bidirektionale Laden geeignet.

Im Beitrag der Kölnischen Rundschau wird ein nicht genannter ADAC-Experte zitiert. Eine geeignete Wallbox ist viermal so teuer wie eine normale Box. 5.800 Euro werden aufgerufen. Randbemerkung: Die Förderung von Wallboxen ruht derzeit.

Die große Lösung, „Vehicle-to-Grid“, die Versorgung des Stromnetzes über die vielen vollgetankten Stromer ist sowohl technisch als auch rechtlich nicht wirklich geregelt. 80 Millionen Euro stehen für dieses Thema aus dem Bundeshaushalt als Förderung bereit. Das berichtet die Rundschau. Ein echtes Problem, ist die Vergütung des Stroms und die steuerlichen Folgen. Kein Problem laut dem Wolfsburger Batterie-Experten Robin Vanhaelst kein Problem ist die Frage, ob die E-Autos die vielen zusätzlichen Ladezyklen verkraften.

Was schön klingt, verdeckt ein wenig das Grundproblem bei der Elektromobilität. Vieles steht noch am Anfang, soll aber ein zusätzlicher Anreiz für Elektromobilität sein.  Es steht nicht genügend grüner Strom zu Verfügung. Jedenfalls nicht so schnell. Wir denken nicht, dass das alles nicht klappen wird. Strom wird da sein. Auch ausreichend und immer. Nur eben nicht wirklich grüner Strom. 

 

Und ob auch genügend Stromer zur Verfügung stehen, ist zweifelhaft.  15 Millionen sollen 2030 in Deutschland auf den Straßen sein. Ehrgeizig ist das in jedem Fall. Offen ist es für  die deutschen Hersteller dazu beitragen können. Die haben schon reichlich Probleme. Ohne Förderung lassen sich nicht genügend Autos in Deutschland verkaufen. Auf den Punkt gebracht hat es Markus Lanz in seiner Sendung vom gestrigen Abend. Stromer aus Deutschland finden ihren Weg weder nach Amerika noch nach China. Und ins Inland auch nciht wirklich. Wirtschaftsexpertin Julia Löhr erwidert auf die Frage nach den Subventionen auf dem deutschen Markt, dass Elektroautos sich irgendwann selber tragen müssen. Ähnliches lesen wir bei der Tagesschau. "Prämien verderben das Geschäft. Sie kurbeln die Nachfrage erst an und lassen sie dann einbrechen." Wer das sagt? Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover.

Aber vielleicht wird alles gut. 2026 kommt VW mit einem Stromer für unter 25.000 Euro, das berichtet die Tagesschau in dem gleichen Beitrag. 2027 soll dann ein Stromer unter 20.000 auf den Markt kommen. Das lesen wir heute bei Stern-Online.

Den Appell für Technologieoffenheit ersparen wir uns. Das machen in dieser Woche andere. Ein Beitrag im Focus gibt die komplizierte Gefechtslage wieder. Das Lesen dieses Beitrags lohnt sich.

Ihr Stephan Zieger

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