Ziegers Zeilen (KW 08)
Als Taxifahrer noch die Markttransparenzstelle waren und ein sehr viel ernsteres Thema
Morgen wird es ernst. Sehr ernst. Aber keine Sorge, wir reden in den nächsten Zeilen hier noch über den ganz normalen Wahnsinn. Zum Schluss werden wir dann ernst.
Über Transparenz haben wir letzthin gesprochen. Unsere Branche ist ja schon transparent. Wir haben ja sogar eine Markttransparenzstelle. Das hat den Verbraucherschützern so gut gefallen, dass sie auch eine für die Banken eingeführt haben. Die wird bei der Bafin geführt, und nicht beim Kartellamt. Und ist auch sehr transparent.
Es gibt viele „Markttransparenzstellen“ auf privater Basis. Für meinen Flug nach London habe ich mehr als 10 Anbieter gefunden. Und ich habe sogar festgestellt, dass mir andere Preise angeboten werden, wenn ich von Mobiltelefon auf iPad wechsele, und das am gleichen Standort. Meinen Stromtarif könnte ich wechseln. Dabei helfen mir viele Anbieter. Bei Verivox habe ich über 80 Vergleichsangebote bekommen. Selbst aus Flensburg bekam ich zwei Angebote. Eines von den dortigen Stadtwerken und das andere von einer Mitgliedsfirma des bft.
Transparenz funktioniert. Auch auf dem Kraftstoffmarkt. Nun ist Kartellamtspräsident Andreas Mundt, der die Markttransparenzstelle damals vom FDP-Wirtschaftsminister Rösler geschenkt bekommen hat, unzufrieden. Zwar seien die Preise transparent, aber die Preisschwankungen hätten zugenommen.
In der Welt lässt sich das Kartellamt zitieren. Es sei möglich, dass es den Tankkunden erschwert werde, trotz gleichbleibender Preissensitivität jene Preistäler auszunutzen. „Jedenfalls kann auf Grundlage der Ermittlungen festgestellt werden, dass die immer häufiger werdenden Preisänderungen zu einer zunehmenden Preisintransparenz führen.“
Auch aus der „Welt“. Bei dieser Feststellung will es das Kartellamt nicht belassen. Vielmehr sollen „mögliche Auswirkungen der hohen Preisvolatilität durch weitere Untersuchungen“ geprüft werden. Je nach dem Ergebnis daraus, sollen „gegebenenfalls weitere Handlungsschritte erwogenw erden. Handlungsschritte sind Gesetze. Aber es klingt schöner. Und schon sind sie wieder da. Die Österreicher oder die Westaustralier. Bei den Österreichern wird immer vergessen, dass der Preis nur deswegen günstiger ist, weil die Steuerlast niedriger ist. Bei den Holländern haben wir einen sehr hohen Preis. Auch wegen der Steuerlast. Eine Markttransparenzstelle haben wir dort nicht. Jeder mag sich jetzt sein eigenes Beispiel suchen. Aber darüber muss man vielleicht anderswann fabulieren.
Transparenz macht den Wettbewerb halt transparent. Aber eben nicht gleich, denn sonst wäre ja die Transparenz nichts wert. In früherer Zeit gab es auch Markttransparenz. Die wurde hergestellt durch die Taxifahrer. Für eine Tasse Kaffee schrieben die schon mal den Preis des Wettbewerbs mit. Manchmal waren die auch schneller als der Preis …
Aber zurück zur echten Markttransparenzstelle. Der Verbraucher ist nicht dumm. Er hat gelernt mit der Markttransparenzstelle umzugehen. Dass der Preis tendenziell ansteigt, hat mit der Markttransparenzstelle nun rein gar nichts zu tun. Auch darüber wird zu reden sein.
Zu reden ist am Schluss der heutigen Zeilen über die morgige Bundestagswahl. Wahlprüfsteine gibt es zuhauf. Lesen Sie die. Und gehen Sie wählen. Es gab selten eine Wahl, bei der so viel über Politik geredet wurde. In der Demokratie sind Stimmen wichtig. Auch für die Richtung. Der Satz, „ich kann ja doch nichts ändern“ war schon immer falsch und ist es in diesem Jahr ganz besonders.
Die Parteien bieten einen bunten Strauß an Antworten. Und sie unterscheiden sich. Mehr als man denkt. Klima und Umwelt, Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Steuern sind wichtige Bereiche der Politik. Genauso Sicherheit und Frieden. Entscheiden Sie sich für einen Anbieter, der Ihnen das für Sie passende Gesamtpaket bietet. Und für jemanden, der das dann im Konzert mit den anderen umsetzen kann. Das ist schwer, denn am Ende muss auch ihr Favorit Kompromisse machen. Aber den Schwerpunkt der Kompromisse bestimmen Sie. Nutzen Sie Ihre Macht.
Ich sitze morgen selber als Wahlvorsteher in einem Wahlbüro meiner Heimatgemeinde. Ich werde Sie dort nicht sehen. Aber Sie können ja mal in einem der vielen anderen Wahlbüros vorbeischauen und Ihre Stimme abgeben.
Einen schönen Wahlsonntag wünsche ich Ihnen,
Stephan Zieger