Zur Übersicht

Zieger Zeilen (KW 8)

Eine Meldung, die aufhorchen lässt: „Verbrenner-Aus: Von der Leyen rudert zurück.“ Was ist da los? Wahlkampf. Reue oder Bekehrung? Dafür muss man die Ankündigung von Frau von der Leyen genauer in Augenschein nehmen. Was hat die Kommissionspräsidentin wirklich gesagt? Wir zitieren umfänglicher die Kronenzeitung aus Österreich: „EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat betont, dass die auf EU-Ebene getroffene Entscheidung zum sogenannten Verbrenner-Aus 2026 überprüft wird. Es sei ‚sehr wichtig‘, dass im Jahr 2026 eine Überprüfung erfolge, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Brüssel. ‚Ich denke, oft wird vergessen, dass im Jahr 2026 eine Bestandsaufnahme und eine Überprüfung stattfinden wird.‘“

Das Thema 2026 ist kein Zurückrudern der Kommissionspräsidentin. Es ist auch keine Richtungsänderung, die im Wort zurück ja eigentlich steckt. Die Wahrheit ist viel einfacher. Die Kommissionspräsidentin nimmt  Bezug auf die „Reviewklausel“ in der CO2-Richtlinie für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Die Revisionsklausel steht dort in Artikel 15. Also eigentlich wirklich nichts Neues. Außer, es ist die Bekräftigung, dass man jetzt tatsächlich das macht, was man vereinbart hat. Dann aber möchte ich nicht wissen, wie man in der Kommission die Vereinbarung vorher gesehen hat.

Ehrlicher ist da Manfred Weber, der Vorsitzende der EVP-Fraktion im europäischen Parlament. Er sagt schon seit Wochen, dass die EVP-Fraktion, wenn sie über die entsprechende Mehrheit verfügt, das Verbrennerverbot kippen wird. Für Weber sind die E-Fuels nicht von der Tagesordnung verschwunden. Das sollte er seiner Spitzenkandidatin verkaufen. Jedes Jahr, das vergeht, ist ein verschenktes Jahr. Für die E-Fuels und vor allem für das Klima. Denn sonst hat das Potsdam-Institut am Ende recht, das im Bericht der Kronenzeitung zitiert wird. Und dort hört man Bekanntes: „2035 sind nicht genug E-Fuels da.“ Wenn man die Zeit verschläft oder sonst wie verschenkt, dann wird das so sein.

Eine andere Meldung, die uns auffiel, stand am Anfang der Woche in der FAZ: „Nur halb so viele Wärmepumpen, wie Habeck plant“ In dem Artikel geht es um den Austausch von „in die Jahre gekommenen (…) Heizungsanlagen. Nach der ganzen Diskussion um das Heizungsgesetz fallen eigentlich als erstes die Wärmepumpen ein. Wärmepumpen lagen 2023 aber gar nicht vorne. Hocheffiziente Gas- und Ölheizungen lagen vorne. 791.000 Geräte alleine bei den Gasheizungen. Nur 356.000 Wärmepumpen. Sogar 112.000 Ölheizungen.

Die FAZ zitiert den Bundesverband der Heizungsindustrie: „Der Ersatz alter fossiler Kessel durch moderne Geräte habe 2023 rund 3 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart, (...). Den Daten des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung in Dresden zufolge leistete damit die Heizungsmodernisierung den größten Beitrag zur Emissionsverringerung im Gebäudesektor.“

Was sagt uns das? Ziele kann man wohl auch anders erreichen als mit der Brechstange. Wieder die FAZ: „Gemäß Bundesklimaschutzgesetz sind rechnerisch jedes Jahr 5 Millionen Tonnen nötig, wozu aber auch andere große Potentiale herangezogen werden müssen, vor allem in der Gebäudedämmung.“ Wärmepumpen sind sicherlich ein Weg. Sie brauchen Strom. Grünen Strom. Das hilft dem Klima. Dem Klima helfen aber auch eingesparte CO2-Emissionen. Die FAZ zitiert dazu am Ende des Artikels den Geschäftsführer des Heizungsverbandes, Martin Sabel: „Dem BDH ist es wichtig, sich nicht alleine auf die Wärmepumpe zu verlassen. Nötig sei ein ‚breiter technischer Lösungskanon, um die Wärmewende zum Erfolg zu bringen.‘“

So etwas haben wir zur Klima- und Mobilitätswende auch schon gesagt. Die Heizungsbauer haben es jetzt bewiesen. Drei von fünf Millionen Tonnen CO2-Emissionen einzusparen ist eine Leistung, die man nicht ignorieren kann. Und wenn man sich den Bereich der Wärmedämmung für 2023 anschaut, gibt es da bestimmt noch zusätzliche Zahlen.

Ach so, ein Blick nach England wäre in diesem Zusammenhang nicht schlecht. Gehört nicht wirklich jetzt zum Thema, ist aber trotzdem interessant. Dort scheitert gerade die Wärmepumpe. Sie scheitert unter anderem an der Struktur der britischen Häuser. Diese Nachricht entnehmen wir der Berliner Morgenpost. Richtig gehört. Die Morgenpost zitiert Nicholas Harrington von der Universität Glasgow in einer neuen Studie: „Ein weiteres Problem sei die Qualität der britischen Häuser. (…) Viele Hausbesitzer, die eigentlich eine Wärmepumpe installieren wollten, stellten fest, dass dafür größere Gebäudesanierungen nötig seien – bessere Wärmedichtung etwa, oder neue Rohre.“ Die Lektüre des entsprechenden Beitrags in der Berliner Morgenpost steht unter der Überschrift „Wärmepumpe: Großbritannien scheitert an der Revolution.“

Und weil wir so gerne Schlussworte haben, überlassen wir es in dieser Woche Christian Geinitz, Wirtschaftskorrespondent der FAZ in Berlin, der den zuvor beschriebenen Beitrag aus der FAZ wie folgt kommentierte: „Viele Wege führen zum Klimaschutz. Einseitigkeit ist in jedem Fall der falsche Weg.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ihr Stephan Zieger

Zum Anfang