Zieger Zeilen (KW 6)
Es ist Karneval. Und Karneval im Rheinland ist mehr als nur ein Festtag. Es ist ein Gefühl, ein unsichtbares Band, das eine ganze Region erfasst. Kein Ausnahmetatbestand, auch wenn es manchmal so aussieht. Man muss nicht ausgelassen feiern oder mehr. Aber es erfasst einen, verbunden mit einer gewissen Leichtigkeit.
Aber darüber wollen wir gar nicht reden. Wenn man die Presse verfolgt, kommt sofort eine gewisse Bodenberührung wieder zum Vorschein. Da war die Abstimmung am gestrigen Tag in Brüssel, die am Ende des Trilog-Verfahrens stand. Thema waren, wie immer, wenn es in diesem Bereich zum Streit in der Koalition kommt, die E-Fuels. In diesem Fall die Regeln über die CO2-Standards für schwere Nutzfahrzeuge in der EU. Wir erinnern uns: Die anstehende Abstimmung brauchte auf jeden Fall die Zustimmung Deutschlands, da ansonsten das Vorhaben nicht zustandekommen wird. Und in dem Trilog-Vorschlag fehlen eben die E-Fuels. Die Grünen meinen, eine Zustimmung in Brüssel sei notwendig, weil die Industrie Planungssicherheit benötige. Die FDP sagt, Planungssicherheit gebe es nicht ohne E-Fuels. In letzter Minute hat es jetzt einen Kompromissvorschlag gegeben.
Der Kompromissvorschlag lautet wie folgt: Das Trilog-Verfahren wird wieder eröffnet. In diesem Verfahren wird eine verbindliche Regulierung in die Richtlinie eingefügt, um Lastwagen, die nachweislich nur mit E-Fuels betankt werden könnten, unbefristet zuzulassen. Mit dem Vorschlag werde Rechtssicherheit sowohl für die Hersteller von Nutzfahrzeugen als auch für Hersteller von klimaneutralen Kraftstoffen geschaffen. Das ist eine gute Botschaft für die E-Fuels, aber sie wird sehr schwierig einzufordern sein. Auch hier eine Rückblende in das vergangene Jahr. Bei der Verabschiedung der CO2-Grenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hatte man die Zusage der EU-Kommission erzwungen, einen neuen Fahrzeugtyp ausschließlich für E-Fuels zu schaffen. Zwar tagen mittlerweile die entsprechenden Gremien, aber eine Einigung lässt immer noch auf sich warten. Die Bundesregierung ist aus unserer Sicht gut beraten, hier deutlich Flagge zu zeigen und einen entsprechenden zeitlichen Druck aufzubauen. Denn ansonsten gibt es mit der Zustimmung Deutschlands nur eine Entscheidung pro Stromer-Lkw.
Eine andere Meldung in diesem Kontext lasst ebenfalls aufhorchen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die gerne Schlagzeilen produziert, befasst sich mit E-Fuels. Mit der Scheinlösung E-Fuels. Und alle Vorurteile kommen auf den Tisch, die wir seit Jahren kennen. Ähnlich wie in vielen politischen Gremien wird auch bei der DUH das Thema E-Fuels schlichtweg ignoriert. Strom ist die Antwort auf die vielen Fragen. Aus diesen wunderbaren schönen Steckdosen kann doch nichts Schmutziges kommen. Obwohl, für mehrere Milliarden Euro wird gerade die Kraftwerksstrategie neu gestaltetet. Für den Fall der Dunkelflaute benötigen wir heute fossilen Strom. Jetzt wird er aus vielen fossilen Quellen erzeugt, in Zukunft aus Gas und vielleicht aus Wasserstoff. Das ist aber ein Prozess. Und der dauert. Das kritisieren wir auch nicht, denn eine Transformation braucht ihre Zeit.
Aber zurück zur Deutschen Umwelthilfe, die wir gerne mit Prof. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) konfrontieren wollen. Prof. Koch hat sich einem Gespräch mit Falko Ueckerdt, einem Energieforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, mit dem Thema auseinandergesetzt. Punkt, Satz und Sieg für die E-Fuels. Das Gespräch fand schon 2023 statt. Dem ist nichts hinzufügen. Für diejenigen, die auf eine reine Stromwirtschaft im Verkehr setzen, ist bei der Deutschen Umwelthilfe gleichwohl Vorsicht geboten. Strom ist da nur eine Übergangstechnik. Bei der Deutschen Umwelthilfe will man auch keinen Individualverkehr auf Strombasis. Ziel ist „eine grundlegende Mobilitätswende, mit der wir den Pkw- und Flugverkehr deutlich reduzieren“. Das aber ist eine andere Tagesordnung. Für die gibt es kein politisches Mandat.
Bei den letzten Zeilen ist gut angekommen, dass wir ein Schlusswort hatten. Oder ein Fast-Schlusswort. Dieses Mal geben wir an Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. Er erklärt im Krisenpodcast der Zeit, warum grüner Strom immer billiger produziert wird, die Strompreise aber trotzdem nicht fallen. Die Erklärung findet sich in einem Podcast. Er fasst sie aber selber in einem Satz zusammen: „Die Sonne schickt keine Rechnung – aber der Netzausbau schon“. Das habe auch er in der Vergangenheit nicht so deutlich vor Augen gehabt. Kompliment für diese Aussage. Sie ist ehrlich und nachvollziehbar.
Und jetzt kommen wir um die Ecke mit unserer alten Forderung nach Technologieoffenheit im Verkehr. Es muss nicht alles um jeden Preis elektrisch werden. Oder um es mit Volker Wissing, dem wir dann das Schlusswort (in indirekter Rede) geben. Das Ziel sei, nicht nur einen Teil des Problems zu lösen, sondern insgesamt alle Möglichkeiten auszuschöpfen. So ziert der Onlinedienst „Airliners“ den Verkehrsminister.
Ihr Stephan Zieger