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Verzugspauschale bei verspäteter Gehaltszahlung

Muss ich meinen Mitarbeitern nicht nur Verzugszinsen, sondern auch eine Verzugspauschale in Höhe von Euro 40,­ zahlen, wenn ich die Löhne versehentlich zu spät auszahle?

„Mein Mitgeschäftsführer legte mir neu­lich eine kleine Pressenotiz auf den Tisch, in dem genau dies behauptet wurde.
'Wir müssen da aufpassen', legte er nach. Tatsächlich hatte unser Steuerberater, der auch unsere Lohnbuchhaltung macht, zweimal hintereinander die Löhne und Gehälter zu spät, in einem Fall deutlich zu spät auf den Weg gebracht. Den Zeitungs­ ausschnitt fuge ich bei. Wenn er Recht hat, stellt sich mir natürlich auch noch die Frage, ob ich den Steuerberater im Falle des Verschuldens haftbar machen kann.”

Stephan Zieger antwortet: Zu Ihrer Frage eine nicht ganz so einfache Antwort: Ihr Mitgeschäftsführer liegt nicht richtig, aber auch nicht ganz falsch. Die ganze Diskussion ist aufgekommen durch einige erst­ und zweitinstanzliche Urteile zum § 288 Abs. 5 BGB. Dort sind die Regelungen über die Verzugszinsen und weitere Verzugsschäden geregelt. Absatz 5 ist eine spezielle Regelung über ein pauschales Verzugsentgelt. Sie ist im Jahre 2014 im Rahmen einer Anpassung an europäisches Recht in das Bürgerliche Gesetzbuch gekommen.

§ 288 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn die­ ser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. (...).

Die Gerichte haben in den vergangenen Jahren entschieden, dass diese Regelung auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar ist. Dadurch hätte der Arbeitnehmer neben den Verzugszinsen immer einen Anspruch auf diese Pauschale gehabt. Insoweit hätte Ihr Mitgeschäftsführer natürlich Recht gehabt. Einer dieser Fälle ist jetzt beim Bundesarbeitsgericht ange­kommen. Das Bundesarbeitsgericht hat dem einen Riegel vorgeschoben. Es hat die Nichtanwendbarkeit mit einer Spezial­regelung in § 12a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) begrundet:

§12a Kostentragungspflicht
(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechts­zugs besteht kein Anspruch der obsie­ genden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozess­ bevollmächtigten oder Beistands.

Diese Spezialregelung im Arbeitsgerichts­gesetz sagt, dass die Kosten der Rechts­verfolgung in der ersten Instanz von jeder Partei selber zu tragen sind. Dazu gehören auch die vorprozessualen Kosten. Erst die Kosten einer weiteren Instanz sind in der bekannten Art und Weise zu verteilen. Damit stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass diese Pauschale in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten nicht zum Tragen kommt. Das BAG sagt klar, dass eine Partei, die eine arbeitsrechtliche Streitigkeit ohne Klage beendet, damit günstiger steht als eine Partei, die am Ende vor Gericht lan­det. Daraus leitet das BAG her, dass eine Kostenpauschale hier nicht zum Tragen kommen kann. Da dem Gesetzgeber diese Spezialnorm bekannt war und er sie nicht abgeändert hat, hat er auch nicht gewollt, dass sie in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zum Zuge kommt.

Im Ergebnis heißt dies: Verzugszinsen sind möglich, aber eine Verzugspauschale in Höhe von Euro 40,­ je Forderung sind nicht zu zahlen. Und was die Haftung Ihres Beraters anbetrifft, so haftet er dafür, dass er seine Arbeit einwandfrei leistet. Schäden, die dadurch entstehen, dass er das nicht tut, hat er zu tragen. Dazu gehören auch die Verzugszinsen, die Sie ggf. Ihrem Mitarbeiter zahlen müssen. Ob ein anderer Senat des Bundesarbeits­gerichtes diese Rechtsprechung noch einmal ändert oder ein europäisches Gericht angerufen wird, können wir nicht vorhersehen. Im Moment können Sie sich aber auf das Urteil des Bundesarbeits­gerichts berufen.

BAG Urteil vom 25.09.2018 – ( AZR 26/ 18

 

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