An der Tankstelle verletzt – wer haftet?
Unlängst meldete sich ein Betreiber einer bft-Tankstelle aus Baden-Württemberg in unserer Bonner Geschäftstelle. Er sei einem Haftungsverlangen eines Autofahrers ausgesetzt. Der Autofahrer verlangte zunächst 7.000 Euro und später 15.000 Euro für einen Schadensfall an der Tankstelle des Mitglieds.
Der Kunde hatte seinen Campingbus betankt und trug vor, beim Besteigen des Fahrzeugs sei er auf einer Dieselpfütze ausgerutscht und zu Fall gekommen. An dem Tag habe es auch geregnet. Bei dem Sturz habe er sich schmerzhafte Prellungen zugezogen. Auch von weiteren Verletzungen war die Rede.
Ob und wie er sich gegen dieses Haftungsverlangen wehren könne, war die Frage des Tankstellenbetreibers.
Grundsätzlich ist man als Betreiber einer Verkehrsfläche, die von einem berechtigten Personenkreis betreten werden kann verpflichtet, für den gefahrlosen Aufenthalt zu sorgen. Das ist der Inhalt der sogenannten Verkehrssicherungspflicht. Dazu gehört, dass man mögliche Gefahrenquelle beseitigt. Dabei ist aber nicht jede Gefahrenquelle gemeint. Dies ist nach allgemeiner Lebenserfahrung gar nicht möglich. Die Rechtsprechung verlangt im Rahmen der sogenannten Verkehrssicherungspflicht, dass er solche Gefahrenquellen beseitigt, die nicht ohne weiteres erkennbar sind.
Im vorliegenden Fall war das Ergebnis der Beratung, dass nach unserer Auffassung eine Haftung nicht in Betracht kommen konnte. Schon vor Dienstbeginn und vor Beginn jeder Schicht kontrollierte ein Mitarbeiter die Tankstellenfläche auf mögliche Gefahrenquellen. Der Mitarbeiter an der Kasse hatte die Verkehrsfläche jederzeit im Blick. Die Tatsache, dass sich an einer Tankstelle Dieselpfützen bilden, ist bei Regen nicht unbedingt ausgeschlossen. Jeder Autofahrer sorgt im Zweifelsfalle mit dem Spritzwasser am PKW oder anderen Fahrzeugen für eine entsprechende Pfützenbildung. Wollte man dies zu 100 % ausschalten, müsste man in einer solchen Situation die komplette Fahrbahn sperren oder einen Mitarbeiter bereithalten, der jede Pfütze beseitigt. Man könnte auch an eine Verpflichtung denken, in einer solchen Situation den Autofahrer nur noch zu bedienen. Dies alles ist aber nach vielen Urteilen oberer Gerichte und normaler Land- und Amtsgerichte nicht zumutbar, zumal solche Gefahren dem „verständigen“ Autofahrer auch einleuchten müssen. Er kann sich dann auch leicht auf eine solche für ihn erkennbare Gefahr einstellen. Hinzu kommt, dass das Besteigen eines „höheren“ Führerhauses auch noch eine besondere Situation darstellt, in der man eine größere Sorgfalt an den Tag legen muss als beim Besteigen eines handelsüblichen PKW.
Eine solche Argumentation stützen auch die uns bekannten Gerichtsurteile. Ein Urteil des Landgerichts Dessau Roßlau verneinte eine Haftung mit der Argumentation, dass eine verständige Person nicht nur an der Tankstelle, sondern überall bei Regen mit plötzlich auftretenden Gefahrenquellen rechnen müsse. An Tankstellen ist zudem, so die dortigen Richter, mit Kraftstoff zu rechnen, der durch den Wassereintrag zu einer rutschigen Fläche werden kann.
Das Landgericht Ellwangen erkannte in einem ähnlichen Fall ebenfalls keine Pflichtverletzung. Hier waren auch die Kontrollen durch das Personal vorhanden. Das Gericht forderte keine Kontrolle nach jedem Tankvorgang.
Ähnlich sah es das Oberlandesgericht Hamm. Dort war ein Autofahrer auf der nächtlichen Fahrbahn über einen Gegenstand gestolpert. Die Tankstellenfläche war beleuchtet und wurde auch in der Nacht regelmäßig kontrolliert. In einem anderen Fall beim OLG Hamm war eine Fläche trotz erkennbarer Gefahren nicht kontrolliert worden. Die witterungsbedingten Gefahrenpunkte waren daher nicht beseitigt worden. Diese fehlenden Kontrollgänge führten zu einer Schadensteilung zwischen Tankstellenbetreiber und Autofahrer.
Wenn die allgemeine Lebenserfahrung ergibt, dass eine Gefahr besonders groß sein könnte, muss man sich als Nutzer der Verkehrsfläche auch entsprechend darauf einstellen. Regelmäßige Kontrollen sind dabei wichtig. Sie sollten zur Sicherheit auch dokumentiert werden. Schutzpflichten bestehen nur für solche Gefahren, mit denen der Kunde nicht rechnen muss.
Unser Mitglied hatte noch eine weitere Frage: Ob er im Fall der Fälle auch haften müsse, wenn der Kunde sich nicht sofort, sondern erst eine Woche nach dem Vorfall meldet. Hier gilt die allgemeine Beweislast. Wer einen Anspruch stellt, muss auch alles dafür tun, damit ein entsprechender Anspruch auch berechtigt ist. Bei einem derartig spät vorgetragenen Schadensfall bestehen da nach unserer Auffassung schon Zweifel. Zwischen vorgetragenen Schadensfall und Vortrag können sich viele Dinge ereignet haben. Solche Ungenauigkeiten werden im Rahmen der Beweislast sehr genau bewertet. Ein simples Attest und der Vortrag ohne Zeugenbeweis reichen unseres Erachtens nicht aus.
Eine Bitte zum Schluss: Wenn Sie interessante Urteile für uns haben, stellen Sie uns diese doch gern zur Verfügung. Wir können diese dann für alle anderen bft-Mitglieder entsprechend aufbereiten.