In einem Schreiben meines Steuerberaters habe ich gelesen, dass die Finanzbehörden seit dem 01.01.2018 das Recht haben, ohne vorherige Ankündigung während der Geschäfts- und Arbeitszeiten meinen Shop zu betreten, um eine „Kassen-Nachschau“ durchzuführen. In dem Schreiben hieß es, dass die Finanzbeamten sogar Testkäufe machen dürfen oder sich zu „Beobachtungen“ im Laden aufhalten dürfen.
Kurze knappe Antwort: Das ist richtig. Die Beamten haben dieses Recht zur „Kassen-Nachschau“, wie sich dieser Vorgang auch tatsächlich nennt. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in dem neuen § 146b der Abgabenordnung (AO) durch das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl 2016 I S. 3152)“, der wie folgt lautet:
Abgabenordnung (AO)
§ 146b Kassen-Nachschau
(1) Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Kassen-Nachschau). Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Absatz 1. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(2) Die von der Kassen-Nachschau betroffenen Steuerpflichtigen haben dem mit der Kassen-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen über die der Kassen-Nachschau unterliegenden Sachverhalte und Zeiträume vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung der Erheblichkeit nach Absatz 1 geboten ist. Liegen die in Satz 1 genannten Aufzeichnungen oder Bücher in elektronischer Form vor, ist der Amtsträger berechtigt, diese einzusehen, die Übermittlung von Daten über die einheitliche digitale Schnittstelle zu verlangen oder zu verlangen, dass Buchungen und Aufzeichnungen auf einem maschinell auswertbaren Datenträger nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten trägt der Steuerpflichtige.
(3) Wenn die bei der Kassen-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung nach § 193 übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.
Die Vorschrift regelt relativ detailliert, was die Prüfer jetzt dürfen. Die Kassen-Nachschau darf unabhängig von einer Außenprüfung erfolgen. Während der üblichen Geschäftszeiten dürfen sie jederzeit und unangekündigt erfolgen. Mit Geschäftszeit ist die Geschäftszeit des Steuerpflichtigen gemeint. Der Amtsträger muss sich nicht sofort ausweisen, er kann auch erst einmal beobachten. Erst wenn er Einsicht in die Unterlagen oder in die Kasse will, muss er sich ausweisen. Er kann verlangen, dass Buchungen und Aufzeichnungen auf einem maschinell auswertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden.
Die Berater sind sich in den verschiedenen Veröffentlichungen einig, dass diese Verfahrensweise das Schätzrisiko weiter erhöht.
Bei den befragten Beratern erhielten wir zur Antwort, dass eine Kassen-Nachschau gleich vor Ort eher unwahrscheinlich ist. Die Prüfer dürften folgende Szenarien bevorzugen:
- Überspielen der Daten auf einen Datenträger oder eine Online-Übermittlung der Kassendaten mit anschließender Auswertung am Arbeitsplatz des Prüfers.
- Soweit möglich Übermitteln der Kassendaten an eine zentrale Stelle im Betrieb (Buchhaltung) und Prüfen und Auswerten dort.
- Liegen die Daten beim Steuerberater, hat der Prüfer keinen direkten Zugriff, denn die Daten befinden sich nicht in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen. Hier muss sich der Prüfer dann mit den entsprechenden Fristen ankündigen, um die Kassennachschau durchführen zu können.
Ein Steuerberater antwortete uns auf Nachfrage: „Die Außenprüfer des Finanzamts bereiten sich intensiv auf die Kassen-Nachschau seit 2018 vor. Jeder sollte sich rüsten, damit die unangemeldete Prüfung vor Ort nicht zum Stressfaktor wird.“
Wir empfehlen an dieser Stelle deshalb auch den Kontakt zu einem Berater zu suchen, und sich insoweit über die Rechte und Pflichten sachkundig zu machen. Die Gefahr sind Bußgelder und / oder aber Hinzuschätzungen, die dann versteuert werden müssen.
bft / Stephan Zieger