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Kann ich eine stillgelegte Tankstelle wiederbeleben?

 

Eine an uns herangetragene Anfrage deckte sich mit einem aktuellen Beitrag in einer juristischen Fachzeitschrift und mehren immer wieder veröffentlichten Urteilen oberer Gerichtshöfe. In der Anfrage an uns ging es darum, dass ein Mitglied eine seit langem leerstehende Tankstelle wieder in Betrieb nehmen wollte. Auf der ehemaligen Station waren einige Säulen noch nicht abgebaut worden. Zwischenzeitlich waren dort aber für eine kurze Zeit Gebrauchtwagen und dann auch Getränke verkauft worden. Das Gebäude hatte aber nie seinen Tankstellencharakter verloren und war dem neuen Interessenten daher ins Auge gefallen.

 

Architekt und Bauherr hatten eine Reihe von Urteilen studiert, in denen von einer schadlosen Nutzungsunterbrechung von sechs Monaten oder auch von bis zu zwei Jahren die Rede war. Einen konkreten Termin für die Außerdienststellung der Tankstelle war nicht mehr zu ermitteln. Behördenseits hatte man signalisiert, dass man an einem Wiederaufleben der Station nicht sonderlich interessiert sei. Diese Auskunft war aber in rechtlich unbeachtlicher Umgebung gefallen. Anlass genug aber, sich hierauf vorzubereiten.

 

Bei der Lektüre der Entscheidungen stößt man sehr schnell auf einen Beitrag in der NJW-Spezial aus dem Jahre 2021, in dem auch auf ein Urteil des OVG Lüneburg Bezug genommen wird. Der Autor des Beitrags, Rechtsanwalt Dr. Joachim Rung aus München, ermittelte in der Auseinandersetzung mit der einschlägigen Literatur eine „Verstetigung“ eines Trends zugunsten einer längeren Bestandskraft einer einmal erteilten und genutzten Baugenehmigung.

 

Und tatsächlich ergibt die Rechtsprechungsübersicht, dass man insgesamt von einer längeren Bestandskraft einer Baugenehmigung im Kontext mit der Wiederaufnahme der genehmigten Nutzung ausgeht. Zwar gibt es im Rahmen von neu erzielten Baugenehmigungen die Frist von drei Jahren, innerhalb derer man mit der Umsetzung begonnen haben sollte. Aber angesichts zahlreicher weitreichenderer Schutzrechte für Bestandsgebäude lässt sich diese Befristung nach Ansicht zahlreicher Autoren nicht analog anwenden.

 

Ein bayerisches Gericht hat einmal entschieden, dass keine Bestandskraft mehr vorliegt, wenn die genehmigte Nutzung dauerhaft auf identätsverändernde Weise genutzt wird. Die bloße Nichtnutzung wurde in dem Beitrag in der NJW-Spezial nicht als schädlich herausgestellt. Einige Zeilen später wird über den Zustand des Gebäudes diskutiert. Auch der könnte Anlass für einen Verzicht auf die künftige Nutzung im gleichen Kontext sein. Auch zeitliche Momente können tatsächlich maßgeblich sein. Wenn man dies will, muss man weitere Umstände hinzunehmen. Aus unserer Sicht könnten dies hierzu Nutzungsänderungsanträge sein.

 

Ist dies aber alles nicht der Fall, so könnte unser Mitglied zusammen mit dem Architekten und seinem Team an die weitere Umsetzung der Maßnahme gehen. Im Unterschied zu mancher Behörde gibt es keinen Anlass, an der weiteren Bestandskraft zu zweifeln. RA Dr. Rung gibt in seinem Beitrag dem alten Bauherren den Tipp, dass man dem Willen, die Nutzung nur vorübergehend zu unterbrechen, klarer Ausdruck verleiht und auch einen allzu offensichtlichen Verfall der baulichen Anlage vermeidet. Hier war die Nutzung als Handelsbetrieb ohnehin nie unterbrochen. Das Gebäude war auch vom Erscheinungsbild her als Tankstelle erkennbar. Nach alledem konnte die alte Nutzung wieder aufgenommen werden.

 

Literaturtipp: RA Joachim Rung in NJW-Spezial 2021, S. 364 f., „Die Bestandskraft der Baugenehmigung bei Nutzungsunterbrechungen“

 

Weitere hilfreiche Rechtstipps mit Informationen rund um Ihre Station finden Sie hier: www.bft.de/aktuelles/rechtstipps

bft / RA Stephan Zieger

 

 

 

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