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Impfpflicht im Arbeitsverhältnis

Die Bundesregierung hat sich eindeutig darauf festgelegt, dass es eine gesetzliche Impfpflicht nicht geben wird. Begründet wird das mit der körperlichen Integrität. Eingriffe hierein bedürfen einer sehr hohen Rechtfertigung durch den Gesetzgeber. Die körperliche Unversehrtheit steht im Grundwertekanon des Grundgesetzes sehr weit oben. Ob das Thema nach den Bundestagswahlen oder wenn die Herdenimmunität nicht schnell genug kommt, anders beurteilt wird, bleibt abzuwarten. Wir wollen in diesem Beitrag auf die arbeitsrechtlichen Fragestellungen einer Impfpflicht eingehen.

Als naheliegendstes kommt eine Impfpflicht über das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitgebers in Betracht. Dies dürfte allerdings in den allermeisten Fällen ausgeschlossen sein. Denn das Thema körperliche Integrität steht im Arbeitsverhältnis sehr weit oben. Es gibt sicherlich ein hohes Interesse des Arbeitgebers an der Gesundheit seiner Belegschaft, sowohl in finanzieller als auch arbeitsorganisatorischer Hinsicht. Dies führt allerdings nicht zur Zulässigkeit eines solchen Eingriffs. Das gleiche gilt für eine Betriebsvereinbarung, wo wir im Regelfall nicht über die Hürde der körperlichen Integrität hinwegkommen.

Wenn man die Impfpflicht also nicht direkt verordnen kann, wird in den meisten Beiträgen die Frage nach einer indirekten Impfpflicht diskutiert. Dies kann man durch Druck auf die Belegschaft (Kündigung), den Arbeitgeber oder durch Incentives erfolgen. Die Frage der Zulässigkeit von arbeitsrechtlichen Maßnahmen stellt sich allerdings nur dort, wo das Kündigungsschutzgesetz gilt. Der andere Bereich ist zwar kein rechtsfreier Raum, aber in Kleinbetrieben gilt es, die Kündigungsfristen zu beachten. Das Kündigungsschutzgesetz kommt nur zur Geltung, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht (§ 1 KschG) und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 KschG).

Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert zunächst eine Weisung, gegen die ein Arbeitnehmer verstoßen hat. Wie soeben gezeigt, ist eine derartige Weisung in den allermeisten Fällen nicht zulässig. Der Schutz der Belegschaft und der Kunden an der Tankstelle ist, und das hat die bisherige Praxis (AHA-Regeln) gezeigt, mit anderen Mitteln möglich. 

Die jetzt in Kraft getretenen Erleichterungen setzen diese Regeln nicht außer Kraft. Eine personenbedingte Kündigung setzt voraus, dass die weiterhin vorhandene Ansteckungsfähigkeit des Arbeitnehmers seine Eignung für die Position im Unternehmen nicht gefährdet. Dies dürfte in unserer Branche nicht gegeben sein.

Aus ähnlichen Gründen dürfte ebenso eine betriebsbedingte Kündigung nicht möglich sein. Sollte ein solcher Fall vorliegen, ist allerdings zunächst zu prüfen, ob eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen möglich ist (Lager, Büro. o. ä.). Erst wenn dies ausscheidet, kann dann betriebsbedingt gekündigt werden.

In Betracht kommt auch der seltenere Fall der Druckkündigung. Dieser Fall könnte eintreten, wenn Kunden auf einen geimpften Heizölfahrer bestehen oder Mitarbeiter auf geimpfte Kollegen. In der Fachzeitung Neue Juristische Wochenschrift kommen die Autoren hier zu einer zulässigen Variante, wenn der Schaden groß ist (Verlust von Mitarbeitern, Kunden oder Aufträgen) und der betroffene Mitarbeiter nicht anderweitig eingesetzt beziehungsweise geschützt werden kann. Allerdings kommen die beiden Autoren zu einer sehr hohen Darlegungslast im Arbeitsgerichtsprozess.

Belohnung für den Pieks

Eher wirksame Instrumente sehen viele Juristen in ihren aktuellen Beiträgen bei der Frage nach einer Incentivierung. Prämien sind bei entsprechender Ausgestaltung als echte Belohnung durchaus zulässig. Die Arbeitsgerichte haben schon in weniger schweren Fällen (Nichtraucherprämien!) die Zulässigkeit von Prämien bejaht. Genauso die Frage nach Zutritts- und Teilhaberechten.

Übrigens: Ein Mitarbeiter, der sich impfen lassen möchte, braucht dafür grundsätzlich Urlaub. Allerdings kann der Arbeitgeber im Rahmen der Incentivierung auf einen solchen Urlaubsantrag verzichten. Eine solche Belohnung wäre nicht nur zulässig, sondern auch empfehlenswert. Wenn der Mitarbeiter anschließend aufgrund heftiger Impfreaktionen ausfällt, ist dies zu behandeln wie jede normale Erkrankung. 

Zum Schluss: Das Datenschutzrecht steht nicht zwischen dem Recht des Arbeitgebers, von einer Impfung zu erfahren, und dem Recht auf Datenschutz. Schon allein die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern insgesamt erfordert eine solche Information über den Impfstatus. Im Pandemiefall dürfte dies zulässig sein. Hierfür gibt es positive Äußerungen aus den Reihen der Datenschutzbeauftragten. Sobald diese Informationen nicht mehr notwendig sind, sind die Daten allerdings zu löschen.

Bei Fragen sollten Sie sich mit der Geschäftsstelle oder mit Ihren Beratern in Verbindung setzen. Gerne geben wir Hinweise über vertiefende Literatur.

Stephan Zieger, bft-Geschäftsführer

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