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„Die Straße droht.“

Aktuelle Schlagzeile der Abendzeitung München: „Die Straße droht.“

„In der kommenden Woche wird in München auf Veranlassung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern eine Verkehrserziehung durchgeführt (...). In den Schulen werden die Lehrkräfte zur Vorsicht im Straßenverkehr ermahnen. Auch in allen Lichtspieltheatern laufen Vorfilme zur Verkehrserziehung. Der Rundfunk wird sich mit wiederholten Durchsagen und einem Gespräch am runden Tisch in den Dienst der Schulung stellen.“

Sicher ein sinnvolles Vorhaben. Aber bringen wird es offensichtlich nicht viel. Wenn ich so manches Mal auf Vollbremsung schalte, weil sich wieder ein rücksichtsloser Kolonnenspringer in seinem SUV, möglichst noch ohne Blinksignal, vor mir in meine Spur quetscht, wundere ich mich schon lange nicht mehr. Denn nach der nächsten Ampel ist vor mir dann meistens wieder frei, weil er rasant erneut die Spur gewechselt hat.

Aber na ja, diese Schlagzeile stammt ja schließlich auch aus der Erstausgabe der Münchner Abendzeitung von Mittwoch, dem 16. Juni 1948. Ein strahlender Sommer, in dem mein Papa mit mir noch im Holzvergaser von unserer Baracke im einstigen KZ-Außenlager auf leeren Straßen zum Schwarzmarkt in Münchens Möhlstraße gefahren ist. Lieber dort schnell Naturalien tauschen, weil schon lange niemand mehr die damals noch offizielle Währung Reichsmark wollte. Doch was die Menschen damals gelernt haben, haben sie entweder längst vergessen oder schon mit in ihr kühles Grab genommen. Heute herrschen eben ganz andere Regeln. Lieber bei 180 km/h was Wichtiges übers Smartphone posten. Von wegen, eine Rettungsgasse bilden! Lieber schnell noch ein paar Bitcoins oder eine andere Krypto-Währung ordern, als auf den richtigen Abstand zum Vordermann zu achten. Da gibt sich der Verkehrsclub Mobil in Deutschland schon seit etlichen Jahren alle Mühe, uns Autofahrer von der Benut- zung des Smartphones in unserem Pkw während der Fahrt abzubringen. Etliche Tausende positiver Antworten hat Mobil in Deutschland inzwischen bekommen, die meisten vermutlich aus bewegten Pkws. Nach einem Zwischenergebnis laut der aktuellen großen Online-Verkehrs- umfrage von Mobil geben sogar rund 40 Prozent der Antwortenden zu, dass sie ihr Smartphone im Auto während der Fahrt nutzen. Über 30 Prozent dieser Menschen für WhatsApp und mehr als 20 Prozent einfach zum Telefonieren, wohlgemerkt ohne Freisprecheinrichtung. Aber das mit dem „Erziehen“ ist halt so eine Sache. Denn selbst wenn nur 30 Prozent der bei dieser Umfrage – hoffentlich ehrlich – Antwortenden noch glaubt, dass die Deutschen Verkehrsclubs die Interessen der Autofahrer genügend vertreten, dann sollten sich die Clubs neu erfinden. Egal ob ich dieses Thema nun in die Breite oder in die Länge „ziehe“.
 

„Verkehrserziehung ist Aufklärung über den korrekten Umgang mit dem anderen Geschlecht“, hätte mein Onkel mir da tröstend erklärt. Aber der hatte sein Auto ja auch schon vor vielen Jahren abgegeben und in seiner Rolle als mein Beifahrer längere Strecken grundsätzlich verschlafen. Und wer weiß, wovon er da geträumt hat. Ob nun „Me Too“ oder einfach nur so. Wahrschein- lich hätte er mich damit auch nicht mehr von meiner sich festigenden Auffassung abgebracht, dass der deutsche Autofahrer einfach nicht erziehbar ist. Aber vielleicht ist ja zumindest in absehbarer Zukunft endlich Besserung in Sicht.

„Wichtig ist, was hinten rauskommt“, hat unser Altkanzler Helmut Kohl einst so schön gesagt. Ja doch! Wenn erst das sich selbststeuernde, wasserstoffbetriebene E-Auto mit Verbrennungsbatterie und Gastank das Kommando im Straßenverkehr übernimmt, wird sich alles zum Guten wenden. Denn dann kann der Mensch auf dem Fahrersitz, von keinem Bußgeld bedroht, telefonieren wann immer er will und nach Herzenslust WhatsApp oder andere Segnungen seines Smart- phones benutzen, ohne jemandem in die Quere zu kommen. Und bei einem Stau kann dann auch nicht nur der Beifahrer schlafen. Nur eines müssen wir bis dahin entwickeln: Einen Chip, der dem selbstfahrenden Auto immer sagt, wann es den schlafenden Fahrer wieder wecken soll und welche nächstgelegene freie bft-Tankstelle es zur nächsten Tankung anfährt. Sind ja noch ein paar Jahre bis dahin. Aber durch die werden wir uns noch möglichst heil durchboxen!

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